"Grexit": Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone nicht länger undenkbar
Europas Zentralbank hält Griechenland mit Notkrediten weiter liquide. Doch wenn Athen die Zusagen nicht einhält, ist ein Ausstieg aus der Eurozone nicht länger undenkbar.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hält Griechenland mit Notfallkrediten über Wasser. Wenn Mario Draghi den Geldhahn zudreht, ist das überschuldete Land sofort pleite und fliegt aus der Eurozone. Er wird das nicht tun. Erstens will der Italiener die Währungsunion zusammenhalten – nach seinem bekannten Motto: „Koste es, was es wolle.“ Zweitens steht es der EZB nicht zu, einen so weitreichenden politischen Beschluss auf eigene Faust zu treffen. Die Entscheidung darüber, ob Griechenland um der Einheit Europas willen unter allen Umständen im Euro gehalten wird, obliegt den Regierungen der Geldgeberstaaten. Sie sind ihren Steuerzahlern verantwortlich für die vielen Milliarden, die nach Athen geflossen sind und im Feuer stehen.
Die EZB leiht Griechenland weiter Geld
Die Politik hat abzuwägen, ob der hohe Preis der Rettungsaktion noch zu rechtfertigen ist. Für den Augenblick lautet die Antwort ja, weil ein Ende mit Schrecken die ganze Europäische Union in eine schwere politische Krise stürzen und die teure Rettungspolitik der vergangenen Jahre als grandiosen Fehlschlag erscheinen ließe. Und wer gesteht seinen Bürgern schon gerne ein, dass die irrsinnig hohen Hilfsgelder in einem hellenischen Fass ohne Boden versenkt wurden?
Meinungen über einen Verbleib von Griechenland in der EU sind gespalten
In Stein gemeißelt jedoch ist der feste Vorsatz, das EU- und Nato-Mitglied Griechenland auf jeden Fall rauszupauken und ständig frisches Geld nachzuschieben, nicht mehr. Jedenfalls nimmt EU-Präsident Juncker mit seinem Verdikt, es werde „niemals einen Grexit geben“, den Mund zu voll. Es ist schließlich nicht Juncker, der über neue Kredite zu befinden hat. Das Geld kommt von den anderen 18 Eurostaaten, und die haben die Nase von den haarsträubenden Ausweich- und Ablenkungsmanövern der aus Linksradikalen und Nationalisten bestehenden griechischen Regierung längst gestrichen voll. Die Bereitschaft, Griechenland zu helfen, ist trotz der ständigen Drohungen und Erpressungsversuche unverändert vorhanden. Und weil so viel auf dem Spiel steht, ist man den Herren Tsipras und Varoufakis bei den Verhandlungen um die Verlängerung des Hilfsprogramms entgegengekommen – aus guten Gründen, weil der von der „Troika“ diktierte Sparkurs seit 2010 tatsächlich zu rigide ausgefallen ist.
Griechenland weiter auf Geldgeberstaaten angewiesen
Umso befremdlicher ist das auf Krawall gebürstete Verhalten der Athener Wortführer, das den Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa an das ideologische „Harakiri“ linkspopulistischer Volkstribunen vom Schlage des Lateinamerikaners Hugo Chavez erinnert. Varoufakis schickt „Reformlisten“ nach Brüssel, die außer vagen Andeutungen wenig Substanzielles enthalten. Tsipras schwadroniert über Neuwahlen, die das Land weitere Monate lähmen würden. Verteidigungsminister Kammenos droht Berlin, man könne ja zehntausende Flüchtlinge – darunter Islamisten – nach Deutschland schicken. Und so weiter und so fort. Man fragt sich, ob diese Regierung jemals bereit sein wird, Vereinbarungen und Spielregeln einzuhalten. Und wann will sie endlich mit der Arbeit beginnen, statt ganz Europa zu nerven? Schwer zu sagen, ob hier ausgebuffte Strategen oder einfach nur Dilettanten am Werk sind.
Geduld der Geldgeberländer geht zu Ende
Die Forderung der Regierung Tsipras, mehr Geld in die Bekämpfung schlimmster sozialer Not stecken zu können, ist berechtigt. Hier muss und wird sich die Eurogruppe bewegen. Aber frisches Geld kann es nur geben, wenn Athen im Gegenzug Reformauflagen einhält und umsetzt und sich auf einen vernünftigen Verhandlungsstil besinnt. Wird diese Bedingung auch künftig nicht erfüllt, ist irgendwann jener Punkt erreicht, an dem der Geduldsfaden der Geldgeber reißt.
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