Hermann Maier kämpft gegen die EU und für seine Kühe
Landwirt Hermann Maier kämpft gegen die EU. Er weigert sich, seine Rinder an beiden Ohren mit Marken zu versehen.
Ernst Hermann Maier ist in einem Alter, in dem er eigentlich seinen Ruhestand genießen könnte. Stattdessen legt sich der 71-jährige Landwirt aus dem Zollernalbkreis mit der Europäischen Union (EU) an. Er weigert sich, wie von Brüssel gefordert, seine 270 Rinder an beiden Ohren mit Marken zu versehen.
Marken sind für die Tiere schmerzhaft
Balingen-Ostdorf, knapp 1600 Einwohner, Landidylle. Maier streift über die Weide und streichelt seine Rinder. Er greift zum Ohr eines Tieres. „Marken sind für die Tiere sehr schmerzhaft“, sagt er. Ein Schmerz, den er vermeiden will. Deswegen setzt der hagere Landwirt den neugeborenen Kälbern Chips ein. Diese werden den Jungtieren neben den Schwanz gespritzt. Wer wissen möchte, wie viele Kälber im Bestand sind, kann dies mit einem Lesegerät herausfinden. So funktioniert das System Maier, das System der EU jedoch nicht.
„Nach der BSE-Krise wurde zur besseren Kontrolle der Einsatz von zwei Ohrmarken eingeführt“, erklärt CDU-Europaabgeordnete Elisabeth Jeggle, die in Brüssel im Agrarausschuss sitzt. Für Maier geht es jedoch um Grundsätzliches: um das Wohl der Tiere. Seine Rinder bleiben nicht nur das ganze Jahr auf der Weide, sie sollen auch möglichst schmerzlos sterben. Zwei von ihnen erschießt Maier jede Woche auf der Wiese, ehe er sie mit einer Seilwinde in die mobile Schlachtbox zieht, die sich an seinem Schlepper befindet. Trotz gesetzlicher Vorgaben weigert er sich, die Tiere lebendig zum Schlachthof zu fahren. „Da bekommen sie Angst und reagieren panisch“, sagt er.
Der Landwirt hat eine Ausnahmeregelung
Maier ist auch Vorsitzender des Tierschutzvereins Uria. Das Uria-Vereinszimmer befindet sich auf seinem Hof. Er holt eine Box mit hunderten gelben Ohrmarken. Bestellt hat er alle ordnungsgemäß, doch sie bleiben in der Schachtel. Für Jeggle ist das unverständlich. Sie hat inzwischen einen Brief an EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos geschrieben. Der Rumäne soll dazu Stellung beziehen, ob im Fall Maier auf die Ohrmarkenpflicht verzichtet werden kann. Doch die Erfolgsaussichten sind gering, denn eine Änderung müsste auf ganz Europa übertragen werden. Trotzdem soll in Brüssel geprüft werden, ob die Kennzeichnung mit einem Chip und einer Ohrmarke in Ordnung ist. Doch auch eine Marke ist Maier zu viel.
Bisher hat der Landwirt eine Ausnahmeregelung, die von Günther-Martin Pauli (CDU), Landrat im Zollernalbkreis, erlassen worden ist. Sie gibt Maier grünes Licht für den Chip-Einsatz. Das Tübinger Regierungspräsidium hat Pauli kürzlich angewiesen, die Ausnahmeregelung zurückzunehmen. Die Frist ist jedoch schon am 19. August abgelaufen. „Wir stimmen gerade intern ab, wie wir weiter vorgehen“, sagt Behördensprecher Markus Breymaier.
Die grün-rote Landesregierung hat derweil im Bundeslandwirtschaftsministerium prüfen lassen, ob Maier die Marken weglassen könnte. Auch in Berlin hieß es, EU-Recht müsse eingehalten werden. Weigert sich der Rebell aus Balingen weiter, bei seinen Rindern Ohrmarken anzubringen, droht ihm die Streichung der EU-Fördermittel.
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