„Kampagnen-Guru“ bringt Kanzler Kern in große Nöte
Tal Silberstein sollte die Sozialdemokraten für den Wahlkampf schick machen. Jetzt wurde er festgenommen
Auch in Wahljahren herrscht in Österreich bis zum Feiertag Mariä Himmelfahrt Sommerpause. Doch in diesem Jahr wurde sie jäh unterbrochen. Der SPÖ-Geschäftsführer Georg Niedermühlbichler, der auch Wahlkampfleiter von Kanzler Christian Kern ist, musste trotz der Hochzeitsfeier seines Sohnes zur Schadensbegrenzung ausrücken und den Rauswurf des SPÖ-Beraters Tal Silberstein verkünden. Der Israeli Silberstein wurde am Montag in seiner Heimat festgenommen.
Die Justiz wirft ihm den Besitz von neun Millionen Dollar vor, deren Herkunft unklar ist. Im Raum stehen Korruption sowie Geldwäsche, Untreue und Behinderung der Justiz. Israelische Sicherheitskräfte nahmen in einer groß angelegten Razzia neben Silberstein vier weitere Geschäftsleute, darunter den israelischen Milliardär Beny Steinmetz, fest. Steinmetz, der mit Diamanten handelt, soll sich Schürfrechte für Eisenerz im westafrikanischen Staat Guinea durch Geldwäsche erschlichen haben. Dies ist nicht der erste Korruptionsfall, durch den Silberstein und Steinmetz unter Verdacht geraten sind. In Rumänien sollen die beiden ebenfalls in faule Immobiliengeschäfte verwickelt sein. Nicht zuletzt aus diesem Anlass soll eine geschäftliche Partnerschaft zwischen Steinmetz und dem Immobilienmagnaten René Benko zerbrochen sein. Steinmetz hatte die Übernahme der Karstadt-Kette durch Benko im Rahmen eines Joint Ventures mitfinanziert. Silberstein hat die SPÖ seit 2001 immer wieder beraten. Zuerst Wiens Bürgermeister Michael Häupl, dann den Kurzzeitkanzler Alfred Gusenbauer und jetzt Kern.
Mit Gusenbauer verbinden ihn und Silberstein auch geschäftliche Interessen bei der maltesischen Fondsgesellschaft „Novia“. Silberstein hatte für Israels frühere Premiers Ehud Olmert und Ehud Barak sowie die ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko gearbeitet.
2015 beriet er – ohne Honorar – die neu gegründete Partei „Neos“ in ihrem Wiener Wahlkampf gegen die SPÖ. Eine Konstellation, die die SPÖ möglicherweise für die Zukunft verhindern wollte – sie engagierte Silberstein ihrerseits. Zudem wird kolportiert, dass Silberstein das Ergebnis der Präsidentschaftswahl sehr genau prognostiziert habe, was wiederum Kern mächtig imponiert haben soll. Offiziell war es Silbersteins Job, im aktuellen Wahlkampf mittels sogenannter Fokusgruppen zu erforschen, welche Inhalte und Slogans besonders gut bei den verschiedenen Wählergruppen ankommen. Die Methode wird in allen Parteien eingesetzt, um die Interessen der Wähler zu erkunden.
Silberstein gilt als Verfechter einer besonders aggressiven Wahlkampfstrategie. Die ÖVP hat dieses Image genutzt und mehrfach auf sein „Dirty Campaigning“, also Schläge unter die Gürtellinie, moniert. Kerns Herausforderer, Außenminister und ÖVP-Chef Sebastian Kurz, beansprucht demonstrativ für sich, für einen sauberen Wahlkampf zu stehen. Doch es gibt weitere Vorwürfe gegen Silberstein: Finanzminister Hans Jörg Schelling, ÖVP, vermutet, dass er über dunkle Kanäle Wahlspenden für die SPÖ organisiert habe. Anlass für den Verdacht gebe ein Personenkomitee für Kern, über das möglicherweise anonym Spenden gesammelt würden.
All dies ist ein Schlag ins Kontor für die Sozialdemokraten im heraufziehenden Wahlkampf: In Umfragen liegt die ÖVP mit 32 Prozent vorne, klar dahinter folgen SPÖ und FPÖ mit jeweils 25 Prozent.
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