Top-Manager fordern Bundestag zur Unterzeichnung auf
Mehr als 160 Staaten haben die UN-Konvention gegen Korruption ratifiziert. Deutschland ist nicht dabei . Mehr als 30 Konzernchefs wollen dies nicht länger hinnehmen.
Die Chefs der meisten deutschen Dax-Konzerne haben an den Bundestag appelliert, das UN-Abkommen gegen Korruption so schnell wie möglich in Kraft zu setzen. "Das Ausbleiben der Ratifizierung schadet dem Ansehen der deutschen Wirtschaftsunternehmen", heißt es in einem Schreiben an alle Fraktionschefs, das der Nachrichtenagentur dpa vorlag.
Das bereits vor neun Jahren unterzeichnete Abkommen verpflichtet die Unterzeichner, gegen korrupte Amtsträger vorzugehen und bei solchen Delikten international eng zusammenzuarbeiten. Union und FDP fürchten aber eine Einschränkung der freien Mandats-Ausübung für die Abgeordneten.
Top-Manager: Deutsche Wirtschaft an fairem Wettbewerb interessiert
Die mehr als 30 Top-Manager erklärten, ein demokratisches Land wie Deutschland müsse international glaubwürdig sein und dürfe sich nicht unnötig angreifbar machen. "Die deutsche Industrie ist sehr an einem korruptionsfreien und fairen Wettbewerb in allen Partnerländern gelegen." Sie weisen darauf hin, dass deutsche Unternehmen in vielen Ländern Vorschriften gegen Korruption für ihre Mitarbeiter unterlägen. Eine Ratifizierung würde zudem auch die Bemühungen der Wirtschaft bei der Korruptionsprävention unterstützen.
Zu den mehr als 30 Unterzeichnern der Initiative gehören neben anderen die Chefs von Siemens, Daimler, Allianz, Bayer, Eon, Deutsche Bank, Commerzbank, Deutsche Telekom, Lufthansa, RWE, ThyssenKrupp, Linde und Metro.
Das Konvention ist inzwischen von 161 Staaten ratifiziert. Nur wenige Länder, darunter Deutschland, Syrien, Sudan und Saudi-Arabien, haben dies bislang nicht getan.
Die schwarz-gelbe Koalition blockiert seit längerem die von der Opposition geforderte Ratifizierung. Begründet wird dies mit dem im deutschen Recht unzureichend geregelten Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung. Durch eine Verschärfung würden die Parlamentarier nach Ansicht von Union und FDP in der freien Ausübung ihres Mandats gehindert.
Die Konzernchefs riefen das Parlament auf, mit einer Neuregelung nicht länger zu warten. "Integre Abgeordnete brauchen sich vor schärferen Regelungen nicht zu fürchten", mahnten sie.
SPD, Grüne und Linkspartei wollen weg für Ratifizierung frei machen
Die Staatengruppe gegen Korruption des Europarats (Greco) hatte Deutschland schon im April aufgefordert, unverzüglich seine Regeln im Kampf gegen Bestechung sowie in der Parteienfinanzierung an internationale Standards anzupassen. Dafür hatte die Organisation der Bundesregierung eine Frist bis Ende Juni gesetzt, die jedoch erfolglos verstrichen ist. Greco erwägt, im Herbst deswegen eine hochrangige Kommission nach Deutschland zu schicken.
SPD, Grüne und Linkspartei haben vorgeschlagen, durch Neufassung des Paragrafen 108e des Strafgesetzesbuches die Bestechlichkeit und Bestechung von Abgeordneten zu erweitern, um den Weg für die Ratifizierung frei zu machen. Nach dieser seit 1994 geltenden Vorschrift liegt Abgeordnetenbestechung dann vor, wenn es jemand "unternimmt, für eine Wahl oder Abstimmung eine Stimme zu kaufen oder zu verkaufen". Eindeutig erfasst sind davon Abstimmungen im Plenum oder in Ausschüssen, nicht aber etwa in den Arbeitskreisen der Fraktionen, wo oft wichtige Vorentscheidungen in Sachfragen fallen. Diese sollten nach dem Willen der Opposition einbezogen werden.
SPD-Fraktionsvize Christine Lambrecht forderte die Koalition auf, ihre Blockadehaltung gegen eine solche Regelung aufzugeben. Es sei notwendig, "endlich ein deutliches und klares Zeichen gegen Korruption auch in Deutschland zu setzen".
Auch die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International verlangte rasches Handeln. Im Ausland tätige Unternehmen wollten sich nicht länger vorhalten lassen, Deutschland verweigere die Ratifizierung. "Die Abgeordneten schaden nicht nur dem Ansehen Deutschlands, dem Ansehen des Parlaments, sondern auch der deutschen Exportwirtschaft", sagte Transparency-Vize Peter Blomberg. dpa/AZ
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