Vom Superjet zum Problemfall
Vor 30 Jahren konzipiert und immer noch nicht ganz fertig. Mit dem "Eurofighter" gibt es wieder einmal ein Problem - ausgerechnet kurz vor Veröffentlichung eines wichtigen Berichts.
Es gab einmal einen Verteidigungsminister, der ein großer Fan des "Eurofighters" war. Die Begeisterung von Karl-Theodor zu Guttenberg für den Kampfflieger ging so weit, dass er 2011 auf einer Flugshow im indischen Bangalore zwei Tage lang Werbung für den 1800 Stundenkilometer schnellen Jet machte.
Eigentlich hatte er sich auch fest vorgenommen, mal in einem "Eurofighter" mitzufliegen. Die Montur dafür hatte er schon anprobiert und den Gesundheitscheck absolviert. Dann machte ihm die Plagiatsaffäre um seine Doktorarbeit einen Strich durch die Rechnung.
Der CSU-Politiker trat zurück, der Trainingsflug fiel aus, und die indische Regierung entschied sich zunächst einmal dafür, 126 Exemplare des französischen Kampfflugzeugs "Rafale" anzuschaffen.
Der Werbefeldzug Guttenbergs war schon damals hoch umstritten, heute wären solche PR-Aktionen kaum noch denkbar. Die Hersteller Airbus, BAE Systems und Alenia Aermacchi müssen sich nun selbst darum kümmern, ihren Flieger anzupreisen. "Effektiv. Bewährt. Zuverlässig" lautet ihr Slogan. Das Image eines der modernsten Kampfjets der Welt hat aber massiv gelitten.
Auch die Schleudersitze machten beim "Eurofighter" Probleme
Schon im vergangenen Jahr gab es Probleme mit den Schleudersitzen der Hightech-Flieger. In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass von 109 Exemplaren der Bundeswehr nur 42 einsatzbereit sind. Und am Dienstagabend folgte die nächste Hiobsbotschaft: Die Hersteller teilten mit, dass Nietenbohrungen am Rumpf aller "Eurofighter" fehlerhaft sind.
Als Konsequenz wurde die Flugstundenzahl vorübergehend von 3000 auf 1500 gesenkt - bis das Problem behoben ist. Das bedeutet faktisch eine Halbierung der Garantiezeit.
Unmittelbare Auswirkungen auf die Einsatzbereitschaft hat das zunächst nicht, weil die Bundeswehr-"Eurofighter" von den 1500 Flugstunden noch weit entfernt sind. Für die im Zuge der Ukraine-Krise verstärkte Nato-Luftraumüberwachung über dem Baltikum sind sechs dieser Maschinen im Einsatz. Das wird auch so bleiben.
Regressforderungen sind derzeit auch kein Thema, weil der Schaden möglicherweise schnell behoben werden kann. "Es könnte sich (...) herausstellen, dass dieses Problem gar kein Problem ist", sagte ein Ministeriumssprecher.
Fast alle Rüstungsprojekte verzögern sich und werden teurer
Die "Eurofighter"-Panne bietet aber einen Vorgeschmack auf die nächste Woche. Die Unternehmensberatung KPMG legt dann ihren Bericht zur Überprüfung der größten Rüstungsprojekte der Bundeswehr vor. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte die externen Experten beauftragt, weil sie mit den internen Strukturen zur Kontrolle der Rüstungsprojekte unzufrieden war. Deswegen entließ sie auch den zuständigen Staatssekretär Stéphane Beemelmans und warb die Unternehmensberaterin Katrin Suder von McKinsey als Nachfolgerin ab.
Der Bericht werde einige ungemütliche Wahrheiten beinhalten, heißt es jetzt schon aus dem Ministerium. Bei fast allen großen Rüstungsprojekten der Bundeswehr sind Verzögerungen und teils massive Kostensteigerungen zu verzeichnen.
Der "Eurofighter" ist eines der besten Beispiele dafür. Die Entwicklung des Jets begann bereits in den 1980er Jahren. Damals hieß das Flugzeug noch "Jäger 90" und sollte 65 Millionen D-Mark pro Stück kosten. Inzwischen sind die Stückkosten auf mindestens 138,5 Millionen Euro gestiegen.
Mit dem Bericht in der kommenden Woche könnte die Rüstungsdebatte erst so richtig in Fahrt kommen. Von der Leyen wird schnelle Entscheidungen zur Behebung von Missständen treffen müssen. So ganz wird sie sich vor neuen Rüstungspannen aber nicht schützen können. In einem Interview der "Bild am Sonntag" sagte die CDU-Politikerin kürzlich: "Die Lage setzt sich aus Hunderten Komponenten zusammen. Insofern wird es auch leider immer negative Überraschungen geben." dpa
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