Vor diesen Gefahren müssen deutsche Akw geschützt werden
Atomkritiker in Deutschland fürchten auch hier um die Sicherheit der Akw. Denn jedes Atomkraftwerk hat eine Achillesferse. Die Kraftwerksbetreiber halteneine Zuspitzung wie in Japan für ausgeschlossen.
Japan steht vor einem Super-Gau. Fukushima könnte zum schwersten Nuklearunfall seit Tschernobyl 1986 werden. Seit spätestens gestern ist die Debatte um Atomenergie in Deutschland entfacht. Atomkritiker bezweifeln, dass ein Störfall diesen Ausmaßes in deutschen Atomkraftwerke ausgeschlossen oder im Notfall beherrschar wäre. dabei drohen in Deutschland weniger Gefahren drohen durch schwere Erdbeben. Vielmehr könnten Ausfälle der Stromversorgung nach Blitzeinschlägen oder durch Terroranschläge passieren.
In Deutschland gibt es 17 Atomreaktoren. Die Neuesten von ihnen wurden in den 80er Jahren gebaut. Zwar liegt Deutschland nicht in einer Erdbebenregion wie Japan - doch leichtere Erdstöße sind auch hierzulande in einigen Regionen denkbar. Die Kernkraftwerke im baden-württembergischen Neckarwestheim oder im hessischen Biblis etwa liegen in solchen Gebieten. Die deutschen Anlagen sind nach offiziellen Angaben zwar erdbebensicher, aber für wesentlich schwächere Bebenbelastungen als die japanischen ausgelegt. Das Akw Mülheim-Kärlich in Rheinland-Pfalz wurde 1988 wegen einer möglicher Erdbebengefahr stillgelegt.
Fatale Bedrohung für Atomkraftwerke durch mögliche Terrorangriffe
Eine fatale Bedrohung für Atomkraftwerke in Deutschland könnte nach Ansicht von Atomkritikern ein Terror-Angriff sein, durch den gezielt die Strom- und Ersatzstromversorgung eines Kraftwerks lahmgelegt würde. Ein Angriff auf den Reaktor selbst wäre dann möglicherweise nicht einmal nötig.
Störungen nach Blitzeinschlägen
Es gibt auch weniger spektakuläre Auslöser für Stromausfälle in Kraftwerken - etwa Netzstörungen nach Blitzeinschlägen. Problematisch sei daran, dass ein Umschalten auf die kraftwerkseigene Notstromversorgung nicht immer reibungslos klappe, erklärt der Atomexperte der deutschen Sektion der Ärzteorganisation IPPNW, Henrik Paulitz. 2006 passierte dies im schwedischen Akw Forsmark. Die Kühlpumpen waren zeitweilig ohne Strom. Nach Aussage unabhängiger Fachleute fehlten nur Minuten bis zu einem schweren Unfall, was offizielle Stellen indes bestritten.
Die Stromversorgung ist die Achillesferse eines jeden Atomkraftwerks: Denn ein Akw produziert nicht nur viel Strom, sondern braucht ihn auch selbst - für Reaktorkontrollsysteme und für den Betrieb von Kühlwasserumwälzpumpen. Fallen nach einer Unterbrechung der Primärstromversorgung auch die Notfallsysteme aus, besteht die Gefahr einer Kernschmelze, bei der radioaktives Material austritt.
Die deutschen Kraftwerksbetreiber halten eine Zuspitzung wie Fukushima in ihren Meilern für ausgeschlossen. Bei Schäden am Reaktorkühlkreislauf stehen nach Angaben des die Branche vertretenden Deutschen Atomforums mehrstufige Notsysteme zur Verfügung. Um diese auch bei Stromausfällen am Laufen zu halten, gebe es an deutschen Akw mehr Diesel-Notstromgeneratoren als an den japanischen. Zudem verfügten diese standardmäßig über Anschlüsse für mobile Stromgeneratoren, die alle für die Kühlung nötigen Aggregate versorgen könnten. Eine doppelte Naturkatastrophe in Form von Erdbeben und Tsunami, die im Reaktor Fukushima sämtliche Systeme lahmgelegt habe, sei zudem in Deutschland nicht denkbar.
Ein Super-GAU - ein aus der Kontrolle geratenden schweren atomaren Unfall - könne auch in Deutschland nicht ausgeschlossen werden, sagt indes Greenpeace-Atomexperte Tobias Münchmeyer. Die Notfallsysteme deutscher Atommeiler seien zu störanfällig, bemängelt IPPNW-Experte Paulitz. Dabei gehe es nicht nur um die Stromversorgung, sondern auch um andere konstruktionsbedingte Fragen wie zu geringe Notkühlwasservorräte. Im Kraftwerksblock Biblis B etwa fehle sogar jenes dampfbetriebenes allerletzte Notkühlsystem, das den Wasserfluss im Reaktor beim Versagen der Stromversorgung notdürftig aufrechterhalten helfe. In Fukushima habe dieses immerhin dafür gesorgt, dass der Reaktor nach dem Beben "noch eine Weile durchgehalten hat". afp
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