Armstrong verliert wohl alle Titel - profitiert Ullrich?
Lance Armstrong geht nicht mehr gegen Dopingvorwürfe vor. Das ist nicht weniger als ein Geständnis. Seine sieben Tour-Titel werden wohl aberkannt. Doch wer erhält sie?
Lance Armstrong gibt auf. Über mehrere Jahre hat er sich gegen Dopingvorwürfe gewehrt. Jetzt will er den Rechtsstreit beenden. Die Aufgabe wird Konsequenzen haben. Die US-Anti-Doping-Agentur hat vor, Lance Armstrong alle Titel abzuerkennen. Das kündigt die amerikanische Anti-Doping-Agentur Usada an. Damit würde der frühere Radprofi auch seine sieben Tour-de-France-Titel verlieren. Armstrong gewann zwischen 1999 und 2005 sieben Mal in Folge die Tour und wurde so zum Rekord-Gewinner.
Zudem wolle man Armstrong mit einer lebenslangen Wettbewerbs-Sperre belegen. Allerdings ist Armstrong nach seinem Comeback 2009 im Januar 2011 zum letzten Mal bei einem Radrennen gestartet und trat danach zurück. Seitdem nahm er an einigen Triathlon-Wettberwerben teil.
Armstrong: Einseitiger und unfairer Prozess
Laut Armstrong habe das gesamte Verfahren einen "zu hohen Zoll" von ihm und seiner Familie gefordert. So begründete er die überraschende Entscheidung, das Verfahren von seiner Seite zu beenden. Auf seiner Webseite schrieb der ehemalige Radprofi: "Irgendwann kommt für jeden die Zeit, wo man sagen muss: genug ist genug." Weiter heißt es in dem Statement: " Ich weiß, wer diese sieben Titel gewonnen hat, meine Teamkollegen wissen es, und jeder, gegen den ich gefahren bin, weiß es auch." Wenn er eine Chance gesehen hätte, in einer fairen Umgebung die Vorwürfe widerlegen zu können, hätte er "die Chance wahrgenommen." "Aber ich weigere mich, in einem einseitigen und unfairen Prozess mitzumachen." Armstrong will die Aufgabe aber nicht als Schuldeingeständnis sehen. Nichts weniger aber ist es.
"Dies ist ein herzzerreißendes Beispiel dafür, wie die Kultur des Gewinnens um jeden Preis den fairen und ehrlichen Wettbewerb untergräbt", so Travis Tygart, Chef der Usada. Auf die gleiche Seite schlägt sich John Fahey. Der Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) wertet Armstrongs Rückzug ein Eingeständnis, dass die Dopingvorwürfe "Substanz gehabt" hätten.
Armstrong soll jahrelang gedopt haben
Erst Anfang der Woche hatte der 40-Jährige eine Niederlage in dem Prozess einstecken müssen. Ein Richter in Austin wies Armstrongs Klage ab. Mit der Klage wollte Armstrong die Usada bei ihren Ermittlungen gegen sich blockieren. Die Usada wirft Armstrong jahrelanges Doping und Handel mit illegalen Substanzen vor. Der siebenmalige Gewinner der Tour de France soll Teil einer regelrechten "Doping-Verschwörung" gewesen sein.
Vorwürfe von Kollegen
Lance Armstrong ist nie positiv getestet worden, wird aber seit Jahren mit Doping-Vorwürfen belastet. In jüngster Zeit haben ihn auch ehemalige Teamkollegen und enge Vertraute mit entsprechenden Vorwürfen konfrontiert.
Wer bekommt die Tour-Titel
Fraglich ist nun noch wer die Titel erhält, die Armstrong aberkannt wurden. Vage Hoffnungen kann sich Deutschlands ehemaliger Rad-Held Jan Ullrich machen. Der landete während der Regentschaft Armstrongs drei Mal (2000, 2001, 2003) auf dem zweiten Platz. Allerdings wurde Ullrich 2012 des Dopings schuldig gesprochen und ihm bereits alle Erfolge seit 2005 aberkannt. Zudem wurde Ullrich bereits 2002 nach einer positive Dopingprobe (Amphetamine) für ein halbes Jahr gesperrt. Unwahrscheinlich, dass einem überführten Doper drei Titel nachträglich zuerkannt werden. Mit insgesamt vier Erfolgen - Ullrich gewann 1997 die Tour - wäre er einer der erfolgreichsten Radsportler aller Zeiten.
Mit Andreas Klöden hat ein anderer Deutscher bessere Aussichten auf einen Tour-Titel. Andreas Klöden landete 2004 hinter Armstrong auf Rang zwei. Klöden wurde nie des Dopings überführt oder angeklagt, spricht aber beispielsweise nicht mehr mit deutschen Medien aufgrund latenter Anschuldigungen. Klöden fuhr nach seiner Zweit bei T-Mobile unter anderem für das kasachische Team des überführten Dopers Alexander Winokurow und später mit Armstrong bei Radio Shack. (AZ/dpa)
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