Immer mehr Schiedsrichter treten zurück
Der Abgang der Unparteiischen sorgt im Allgäu für Turbulenzen. Der Verband lässt deshalb die Reserven und einige unterklassige Jugendligen von Referees des Heimvereins leiten.
Der Allgäuer Fußball-Kreisspielleiter Franz Schmid aus Oberostendorf war selbst baff erstaunt, dass der allgemeine Schiedsrichtermangel im Allgäu so schnell so gravierende Folgen hat. Am Tag der Deutschen Einheit, erzählt er, hätten 14 Fußballspiele im Allgäu ohne Schiedsrichter stattgefunden, am vergangenen Wochenende waren es sogar 18.
Betroffen waren hauptsächlich Spiele im Ostallgäu, doch auch im Ober- und Unterallgäu wunderten sich etliche Vereine, dass kein Unparteiischer erschien. "Viele haben danach gemeldet, die Schiris seien nicht gekommen. Das ist falsch: Wir haben schlichtweg keine mehr", klagt Schmid.
Der Verband reagiert nun und lässt ab 1. November einige untere Ligen unbesetzt. „Es war Alarmstufe Rot“, leitete Schmid eine am Dienstag eilig einberufene Krisensitzung von Spielleitern und Schiedsrichter-Obleuten im Ostallgäu ein. Dort wurde nach langen Diskussionen beschlossen: „Künftig werden wir bestimmte Klassen nicht mehr mit Verbandsschiedsrichtern besetzen“, so Schmid.
Darunter fallen im Allgäu:
bei den Erwachsenen die beiden nicht aufstiegsberechtigten Reserve-Runden der Kreisklasse/A-Klasse 1 sowie der B-Klasse 2.
bei den B- und C-Junioren in den untersten Gruppen (ab Kreisklasse werden Schiedsrichter eingesetzt)
bei den D-Junioren in den Kreisklassen und Gruppen (ab Kreisliga besetzt)
Für all diese Spiele müssen die Heimvereine die Unparteiischen stellen. Alle aufstiegsberechtigten Ligen, alle A-Junioren-Spiele und die höherklassigen Jugendrunden werden weiterhin von Verbandsschiedsrichtern geleitet.
Das ist der Plan: „Wir wollen dadurch wieder alle Spiele in den höherklassigen Ligen besetzen“, hofft Schmid. Für die Vereine bedeute das zwar Mehrarbeit, aber eine andere Lösung sahen die Funktionäre nicht. „Die Vereine sollen auch mal darüber nachdenken, wie sie mit den Schiedsrichtern umgehen. Und einige müssen sich überlegen, warum sie keine Leute mehr zur Ausbildung schicken“, so Schmid.
Bislang hatte der BFV eher mit der demografischen Entwicklung zu kämpfen: „Ältere Schiedsrichter hörten auf, es kamen weniger jüngere nach. Da fehlt der Idealismus“, sagt Schmid. Dennoch stemmte der Verband sogar die Einführung der B-Klassen vor zwei Jahren.
Appell an mehr Fairness
Viele Schiedsrichter sehen aber nun nicht mehr ein, sich in ihrer Freizeit jeden Samstag oder Sonntag beleidigen zu lassen, erzählt Schmid. Trainer und Betreuer, Spieler und Eltern sowie die Zuschauer schreien auf die Unparteiischen ein und stehen ihnen dabei Auge in Auge gegenüber.
Sogar Angst entstehe. „Da müssen wir uns nicht wundern, wenn junge Schiedsrichter das Handtuch werfen“, sagt Schmid. Und die Referees würden oftmals zu Sündenböcken: „Die schlechte Leistung einer Mannschaft oder eines Spielers wird nicht mehr hinterfragt.
Immer sind die Schiedsrichter schuld“, zürnt Schmid. Von den 15 voriges Jahr ausgebildeten Nachwuchsschiedsrichtern seien fast alle wieder abgesprungen. Somit sei der jetzige Engpass unausweichlich gewesen.
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