Das Ende der Sommeridylle
Premiere Der FC Augsburg startet gegen Freiburg in das Abenteuer Bundesliga. Mannschaft und Management hatten zuletzt schon mit der Aufregung zu kämpfen.
Es war 15.14 Uhr, als Andreas Rettig entrückt über den Rasen des Augsburger Stadions galoppierte. In diesem Moment hat für den FC Augsburg der Abstiegskampf angefangen.
Stephan Hain hatte am 8. Mai den Ball fünf Minuten vor dem Abpfiff ins Tor des FSV Frankfurt geschossen. Seitdem ist der FCA Bundesligist. Seitdem freut sich Rettig an der Rolle des Außenseiters. Täglich weist er darauf hin, dass die Augsburger über den niedrigsten Etat aller Erstligisten verfügen, er deswegen nicht gewillt sei, etwas gegen seine „Ablöse-Allergie“ zu unternehmen.
Die Augsburger haben es sich gemütlich gemacht in ihrer Nische. Als bodenständig wollen sie beim Fan gelten. Vernünftig und doch irgendwie herzlich. Trainingslager werden nicht am Gardasee oder in der Türkei absolviert. Trainer Jos Luhukay lässt seine Spieler in Bad Gögging oder am Walchsee schwitzen. Kurorte, Familienidyll. Anhänger reisen dem Bundesligisten trotzdem kaum nach. Nach Jahren in den Niederungen des Fußballs ist es der Mannschaft zwar endlich gelungen, die abwartenden Augsburger zu mobilisieren. Das bedeutet aber nicht, dass der Schwabe seine Heimat verlässt.
Immerhin haben es die Fans schon geschafft, die Computer in der Geschäftsstelle des FC Augsburg in die Knie zu zwingen. 19. Juli: der erste Tag, an dem Einzelkarten an Mitglieder verkauft werden.
In wenigen Wochen wird die Mitgliederanzahl verdoppelt
Online geht kurz nach dem Start nichts mehr. Ein Duisburger Logistikunternehmen hatte den Auftrag bekommen, sich um die Ticketwünsche zu kümmern. Normalerweise kümmern sich die Duisburger um die heimische Frauenmannschaft oder um Olpe Ole. Eigenen Angaben zufolge das größe Sommerfest im Sauerland. Insgesamt verkauften die Augsburger 17 500 Dauerkarten. Die Zahl der Mitglieder verdoppelte sich innerhalb weniger Wochen auf über 8000.
Sie sind Mitglieder eines Vereins ohne große Stars. Waren Callsen-Bracker oder Möhrle in der zweiten Liga noch so etwas wie Autoritäten, sind sie in der ersten Liga Namenlose. Lediglich Michael Thurk wird außerhalb der Augsburger Stadtgrenze auf der Straße erkannt. Thurk wird kein Spiel mehr für den FCA absolvieren. Er hat sich einmal zu oft bei Luhukay beschwert, dass er nicht im Kader ist. Das war vor einer Woche. Der Trainer nominierte ihn nicht für das Pokalspiel in Oberhausen. Am Montag wurde er suspendiert. Das Ende der Augsburger Sommeridylle war markiert. Rettig und Co. versuchten, sich aus der Affäre zu ziehen. Gaben „sportliche Gründe“ für die Thurk-Trennung an. Die erste Liga kennt keine Ausflüchte. Medien pulten an Thurk und dem FCA herum. Mittlerweile ist klar, dass die Suspendierung des Stürmers am allerwenigsten sportliche Gründe hatte.
Immer noch kein Ersatz für Traoré und Leitner
Es waren zwar nur Gegner wie Langenau oder Ismaning, Thurk war aber der erfolgreichste Torschütze in der Vorbereitung. In der Rangliste von Luhukay hat ihn trotzdem unter anderem Sascha Mölders verdrängt. Der kam vom FSV Frankfurt. Mölders wird als einer der wenigen Neuzugänge heute gegen den SC Freiburg von Beginn an spielen. Der bekannteste Neue ist Lorenzo Davids. Bei dem kurze Zeit am wichtigsten war, ob er der Cousin (richtig) oder Neffe (falsch) von Edgar Davids ist.
Mit Akaki Gogia haben die Augsburger immerhin einen deutschen A-Jugend-Meister vom VfL Wolfsburg ausgeliehen. Nach den Trainingseinheiten legt der 19-Jährige regelmäßig mit ein paar Kollegen Sonderschichten ein. Am Trainingsgelände gingen schon Scheiben zu Bruch, als die Fleißigen sich im Torschuss übten.
Scherben, die der FCA möglicherweise hätte verhindern können, wenn man treffsichere Spieler verpflichtet hätte. Für die abgewanderten Leitner und Traoré wurde immer noch kein Ersatz geholt. Kurzzeitig wurde ein WM-Held von 2006 gehandelt. Doch David Odonkor sei keine ernsthafte Option gewesen, heißt es. Der FC Augsburg wird mit bekannten Namen in Verbindung gebracht, ist aber eine kleine Nummer. Eine unglückliche Ausgangssituation auf dem Transfermarkt.
Die Augsburger werden von Experten als künftiger Zweitligist gehandelt. Schluss mit Idylle. Abstiegskampf. Der FCA hat sich das verdient. Um 15.30 Uhr startet das Abenteuer Bundesliga.
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