Ein Musterbeispiel
Beim FC Schalke 04 wurde Mohamed Amsif ausgebildet. Jetzt kehrt der Torhüter zu seinen sportlichen Wurzeln zurück. Sein ehemaliger Trainer ist voll des Lobes für ihn
Die Liste ist der Name ist lang: Manuel Neuer (FC Bayern München), Ralf Fährmann (Schalke 04), Lars Unnerstall (Schalke 04), Christian Wetklo (FSV Mainz 05), Patrick Rakovsky (1. FC Nürnberg). Alles Bundesliga-Torhüter, die ihr Gütsiegel in der Schalker Torwartschule erworben haben. Und jetzt auch Mohamed Amsif (22).
Für Lothar Matuschak ist es keine Überraschung, dass Mohamed Amsif am Sonntag als Bundesliga-Torhüter des FC Augsburg mit drei Einsätzen zurückkehren wird. Natürlich, sagt er, profitiere Amsif derzeit auch von der Verletzung von Simon Jentzsch, doch so der 63-Jährige weiter: „Wenn ich ein Video drehen müsste, in dem es um den Willen geht und um die Bereitschaft für seinen Traum hart zu arbeiten, würde ich Mo nehmen.“ Das Wort von Matuschak hat Gewicht. Er ist sein 1995 leitender Torwarttrainer der Nachwuchsabteilung der Schalker. Er gilt als einer der Besten der Zunft. Er ist ein Torwart-Macher und hat heute noch Kontakt mit Amsif. „Erst vor wenigen Tagen habe wir miteinander telefoniert“, sagt Matuschak.
Der Großvater hat noch unter Tage gearbeitet
„Ich habe ihm und auch Manfred Dubski und Norbert Elgert viel zu verdanken. Das vergesse ich nicht“, sagt Amsif selbst. Matuschak entdeckt Amsif 2004. Er ist auf der Suche nach einem Torhüter, Jahrgang 1989, für die B-Junioren. „Wir haben mehrere Kandidaten über Wochen getestet und Mo hat sich durchgesetzt“, sagt Matuschak.
Damals spielt Amsif noch beim Wuppertaler SV. Als 15-Jähriger trainiert er schon bei den Regionalliga-Profis mit. Als der Traditionsklub ihn holt, geht für Amsif ein Kindheitstraum in Erfüllung. Er wächst behütet in Düsseldorf in einer Einwanderer-Familie auf.
„Mein Großvater ist in den 70er-Jahren mit seiner Familie von Marokko nach Deutschland gekommen. Er hat in einer Zeche in Altenessen unter Tage gearbeitet. Meine Mutter war damals drei oder vier“, sagt Amsif. Auch sein Vater kommt aus Marokko. In Düsseldorf ist die Familie heimisch geworden. Seine Mutter Nadja (45) arbeitet dort als Zahnarzthelferin, Vater Hocine (51) als Koch. Sie arbeiten hart, um Amsif und seinen beiden Schwestern ein gutes Leben zu ermöglichen. Wenn es um Fußball geht, dann ist sein Onkel Mustapha Bouhraou immer da. „Er hat mich immer gefördert“, sagt Amsif.
Der Wechsel zu Schalke verändert für ihn vieles. Zuerst holt ihn der Fahrdienst jeden Tag ab. 60 Kilometer einfach beträgt der Weg von Düsseldorf nach Gelsenkirchen. Später geht er ins Teilinternat. „Mo hat sehr viel investiert“, sagt sein Entdecker Matuschak. Amsif trainiert hart. Aber nur einmal sitzt er nach seinem Wechsel in den Profibereich bei der Bundesliga-Mannschaft auf der Bank. Ihn wird bald klar: Neuer, Fährmann, Unnerstall – die Konkurrenz ist zu groß. Amsif wechselt im Sommer 2010 zum FCA. Hier wartet er geduldig auf seine Chance. Amsif ist keiner der aufmuckt. „So habe ich meine Torhüter in der Jugend erzogen. Sie sollen sich gegenseitig helfen und unterstützen“, sagt Lothar Matuschak.
Aber als Jentzsch verletzt ausfällt, ist Amsif bereit. Seit drei Spielen vertritt er die Nummer eins. Er hat zwar nicht so viel zu tun, aber er macht auch keine Fehler. Zudem gibt er sein Debüt in der marokkanischen Nationalmannschaft. Gut möglich, dass er zum Afrika Cup im Januar und Februar eingeladen wird. Dann würde er dem FCA zum Rückrundenauftakt aber fehlen.
Bis dahin wird wohl auch seine persönliche Zukunft, sein Vertrag läuft aus, geklärt sein. Auch in der kommenden Saison wird das Duo mit allerhöchsten Wahrscheinlickeit Jentzsch/Amsif heißen. Jentzsch hat seinen Vertrag gerade verlängert. Auch Amsif liegt ein unterschriftsreifer vor. „Es geht nur noch um Details“, sagt Amsif.
Er will beim FCA den Weg der kleinen Schritte weiter gehen. „Ich hätte es mir nie träumen lassen, dass ich in der Vorrunde schon drei Bundesligaspiele mache“, sagt er.
Sollte Jentzsch am Sonntag (17.30 Uhr) gegen Schalke wieder fit sein, wird Amsif klaglos ins zweite Glied zurückkehren: „Wir hatten vor der Saison eine klare Hierarchie und daran wird sich auch jetzt nichts ändern. Simon kann ja nichts dafür, dass er sich verletzt hat.“ Sollte er aber in der Veltins-Arena im Tor stehen, würde er dies als Geschenk annehmen, wie die anderen Spiele auch.
Lothar Matuschak würde sich für seinen Schützling freuen. „Wenn er spielt, wünsche ich dem Jungen ein perfektes Spiel. Aber gewinnen wird am Sonntag Schalke.“
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