Moravek belohnt sich nach langer Leidenszeit selbst
Jan Moravek hat beim FCA eine lange Leidenszeit hinter sich. Mit dem 1:0-Siegtreffer in Hamburg ist die wohl endgültig abgehakt. Doch der Tscheche freute sich nur verhalten.
Eigentlich hätte Markus Weinzierl, 40, mit Jan Moravek, 26, nach dem 1:0 (0:0)-Auswärtssieg des FC Augsburg beim Hamburger SV ein ernstes Wörtchen sprechen müssen. Denn der Tscheche hatte einfach nach seiner Einwechslung in der 71. Minute die Anweisungen seines Trainers missachtet. Weinzierl hatte Moravek erst einmal Defensiv-Aufgaben mit auf den Weg gegeben.
Und dann tauchte Moravek plötzlich da auf, wo er eigentlich gar nicht sein durfte: im gegnerischen Strafraum. Alexander Esswein hatte in der 76. Minute Raúl Bobadilla gefühlvoll bedient, doch den Schuss des Argentiniers konnte der starke HSV-Torhüter René Adler abwehren. Aber nicht kontrolliert genug. Moravek stand goldrichtig und erzählte nach dem Schlusspfiff: „Der Ball kommt irgendwie zu mir. Ich war überrascht, wie gut platziert der Kopfball war.“
Es war sein zweites Bundesliga-Tor seit seinem Wechsel im Juli 2012 vom FC Schalke 04 zum FCA (zuvor war er ein halbes Jahr ausgeliehen). Zuletzt hatte er am 2. Februar 2013 beim 1:1 zu Hause gegen den VfL Wolfsburg den Ausgleich erzielt. „Ich habe mich gefreut, dass ich nach langer, langer Zeit endlich wieder einmal mit den Jungs jubeln durfte“, erzählte Moravek nach dem Spiel in der Mixed-Zone des Volksparkstadions fast demütig von seinem Tor.
Es schien, als wollte der Tscheche sein Glück noch gar nicht so richtig annehmen. Vielleicht haben ihn drei Jahre Verletzungspech einfach auch nur demütig und vorsichtig gemacht. Denn sein Transfer von Schalke zum FCA stand bisher unter keinem guten Stern. Immer wieder hatte der 26-Jährige mit Verletzungen zu kämpfen.
Moravek: "Natürlich war es eine große Belohnung für mich"
Moravek, der nach seinem sensationellen Comeback von Fernsehkamera zu Fernsehkamera gereicht wurde, sagte am Ende des für ihn so ungewohnten Interview-Marathons: „Natürlich war es eine große Belohnung für mich, aber auch für die ganze Mannschaft. Die Jungs haben einfach klasse gespielt. Für mich persönlich war es wahnsinnig schön, ihnen so helfen zu können.“ Es war sein Dank an den Verein, an die Fans, an seine Mitspieler und an das Trainerteam. Alle hatten Moravek in seiner langen Leidenszeit unterstützt. Fast schien sie zu lange.
Dabei galt Moravek im Sommer 2012 als der Anwärter für die Stelle im zentralen Mittelfeld. Der Tscheche hat alle Anlagen dazu, es fehlt nur die körperliche Robustheit.
Im August 2014 trifft ihn dann die Verletzungskeule mit voller Wucht. Gerade hat er einen Muskelfaserriss überwunden, als beim Vorbereitungsspiel gegen Crystal Palace das Kreuzband im rechten Knie reißt. Ein Schock für alle, aber Moravek kämpft sich mit bewundernswerter Leidensfähigkeit zurück.
Doch bei seinem Comebackversuch Ende April bei der Regionalliga-Mannschaft zieht er sich beim Aufwärmen gleich wieder eine schwere Muskelverletzung zu. Wieder muss Moravek monatelang pausieren.
Weinzierl baut Moravek langsam auf
Diesmal geht Trainer Markus Weinzierl aber auf Nummer sicher, will jegliches Risiko eines Rückschlages ausschließen. „Wir haben ihn seit dem 1. Juli aufgebaut, er war immer im Training, wir haben ihn immer behutsam angepackt. Wir haben gewusst, dass wir ihn brauchen, aber auch, dass er 100-prozentig stabil sein muss über Monate.“
Weinzierl führt Moravek langsam heran. 45 Minuten in Dortmund, 35 Minuten gegen Bremen, 16 Minuten gegen Stuttgart, vier Minuten gegen Wolfsburg. Dann steht Moravek vergangenen Mittwoch im Pokal gegen Dortmund (0:2) erstmals seit März 2014 wieder in der Startelf. Ein paar Tage später schießt er dann in Hamburg den so wichtigen Siegtreffer. Weinzierl sagt: „Dass ausgerechnet er das Tor macht, ist noch einmal das i-Tüpfelchen auf das ganze Jahr. Es freut mich für ihn und für alle, die mit ihm gearbeitet haben. Es ist sensationell gelaufen.“
Moravek selbst dachte gleich wieder an seine Mannschaft: „Es ist ein Traum, aber wichtiger sind die drei Punkte. Jetzt haben wir 19 und können uns beruhigt in die Weihnachtspause gehen.“ Seine Bescherung hatte er schon am 19. Dezember.
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