Keine Angst auf See
Reedereien widmen sich der Sicherheit an Bord der Kreuzfahrtschiffe nach den jüngsten Ereignissen noch intensiver. Doch eigentlich gab es nie Grund zur Beunruhigung für die Passagiere
Früher waren Sicherheitsübungen an Bord bestenfalls ein Anlass, sich gegenseitig mit Schwimmweste um den Hals zu fotografieren. So richtig zugehört haben dem Offizier, der den Weg zu den Rettungsbooten erklärte, nur wenige.
Das ist heute anders. „Die Passagiere sind nun aufmerksam bei der Sache“, sagt Pressesprecherin Negar Etminan von Hapag Lloyd Kreuzfahrten. Wer auf ein Kreuzfahrtschiff steigt, geht seit der Havarie der „Costa Concordia“ im Januar offensichtlich nicht mehr völlig unbeschwert an Bord.
Direkt nach dem Crash brachen die Buchungszahlen ein. Beim Mutterkonzern von Costa Kreuzfahrten, dem britisch-amerikanischen Konzern Carnival Cruise Lines, im zweistelligen Prozentbereich. Auch wenn sich die Lage – oft dank Rabatten – inzwischen entspannt hat, versprach die Branche eine Verbesserung der Standards.
Beruhigende Statistik
Die Statistik ist eigentlich beruhigend: Von 2005 bis 2010 sind nach Angaben der Deutschen Reiseverbandes (DRV) in Berlin nur 16 Menschen auf einem Kreuzfahrtschiff ums Leben gekommen. Und das bei fast 100 Millionen beförderten Kreuzfahrtpassagieren. Weit weniger also als bei Flugzeugunglücken oder gar Autounfällen. Deswegen konnte sich kaum einer ein Unglück wie das der „Concordia“ mehr vorstellen. Das letzte große Kreuzfahrtschiff, das so spektakulär sank, war immerhin die „Titanic“ – vor 100 Jahren. Aber: Es gibt kein unsinkbares Schiff, wie auch kein absturzsicheres Flugzeug.
Mehr Sicherheit, mehr Rettunsgwesten, mehr Ausbildung
Ende April teilte der europäische Branchenverband European Cruise Council (ECC) mit, die europäischen Kreuzfahrtunternehmen hätten mehr Sicherheit für ihre Passagiere zugesagt. So sollen Schiffe künftig mehr Rettungswesten als Passagiere haben, die Besatzung soll für Notfallsituationen besser ausgebildet, der Zugang zur Brücke beschränkt und andere Materialien im Schiffsbau verwendet werden.
Die frühe Sicherheitsübung finden alle Reedereien sinnvoll. Auf den neun Schiffen von Aida Crusises in Rostock muss nun die Sicherheitsübung noch vor dem Auslaufen gemacht werden. Diese Regelung gilt auch für die beiden Schiffe von Tui Cruises, „Mein Schiff“ und „Mein Schiff 2“. Gesetzlich vorgeschrieben ist das innerhalb der ersten 24 Stunden auf See.
Der Faktor Mensch ist das größte Problem an Bord
Der zentrale Punkt beim Thema Sicherheit aber ist die Mannschaft. Dass der Faktor Mensch das größte Problem an Bord ist, haben die deutschen Seemannsschulen schon lange erkannt. Immerhin sind rund 80 Prozent der Unfälle von Passagierschiffen auf menschliches Versagen zurückzuführen. Und so wird dort seit über zehn Jahren „Bridgeteambuilding“ unterrichtet. Das Brückenteam muss so funktionieren, dass ein Einziger ein Schiff nicht in die Katastrophe führen kann.
Die Bedeutung von Mannschaftsqualifizierung hat auch Costa Crociere erkannt: Bei der Taufe der „Fascinosa“ präsentierte Vorstandschef Pier Luigi Foschi ein Bündel von Maßnahmen rund um dieses Thema. Wichtigster Punkt: Bei der italienischen Reederei wählt nicht mehr der Kapitän allein die Route, die Offiziere dürfen künftig mitreden. Zudem wurde ein Echtzeit-Routen-Überwachungssystem installiert, das bei Abweichungen von der geplanten Strecke in der Costa-Zentrale Alarm schlägt.
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