Ein Herz für das Kino
Am Anfang war das Kino. Es war da, lange bevor es Fernseher, Computer und Handys gab. Ein Relikt aus alten Zeiten, das aber dennoch nicht aus unserer modernen Zeit wegzudenken ist. Rudolf Huber aus Türkheim engagiert sich für die Filmkunst.
von Harald Klofat
Schon etliche Male wurde das Kino totgesagt. Als in den 1960-er Jahren das Fernsehen zum Massenmedium wurde, als 20 Jahre später die Videocassette den Markt eroberte und jetzt im Jahr 2017 mit Mediatheken und Streams im Internet. „Doch Totgesagte leben länger“, ist der Türkheimer Rudolf Huber überzeugt. Er betreibt die Filmhäuser in seinem Heimatort Türkheim und in der benachbarten Kurstadt Bad Wörishofen. „Der Besuch im Kino bleibt ein großartiges Gemeinschaftserlebnis“, ist er von der Zukunft des Kinos überzeugt. Und der 58-Jährige will auf jeden Fall selbst noch ein paar Jahre weitermachen.
Erfolg fällt einem nicht in den Schoß. Als Rudolf Huber 1996 das Kino in Türkheim (seit 2001 Filmhaus) und 1997 das Kino in Bad Wörishofen übernahm, steckte das Kino in einem tiefen Umbruch. Um konkurrenzfähig zu bleiben, musste er viel Geld investieren, vor allem in die digitale Abspieltechnik. Die Zeiten, in denen die großen Rollen in die Projektoren gelegt wurden, waren vorbei. „Man musste praktisch über Nacht alles erneuern, sonst bekam man von den Verleihern keine Filme mehr“. Im Laufe der letzten 20 Jahre hat Huber so einen siebenstelligen Betrag in seine beiden Filmhäuser gesteckt.
Kino auf dem flachen Land im 7000 Einwohner-Marktflecken Türkheim und in der 16.000 Einwohner-Stadt Bad Wörishofen, kann das überhaupt funktionieren? „Es geht nur mit viel Herzblut, mit Ideen und Kreativität“, ist Huber überzeugt. Davon bringt er eine Menge mit. Schon als Jugendlicher hat er sich mit dem Virus Film infiziert, hat an Wochenenden Filme vorgeführt und sich so ein paar Mark zum Lehrlingsgehalt dazuverdient. Nach und nach wuchs er hinein in die Kinowelt, bis er schließlich seinen Job als leitender Angestellter mit Festanstellung aufgab und sich voll in das Abenteuer Kino stürzte, als sich die Chance bot, das Lichtspielhaus in Türkheim zu übernehmen, weil der vorherige Betreiber gestorben war.
Engagierte Festivals
Natürlich muss er mit den beiden Filmhäusern seinen Lebensunterhalt verdienen und kommerziell erfolgreiche Filme zeigen, aber der Cineast Rudolf Huber blickt auch immer wieder auf die künstlerischen Aspekte des Mediums Film, zeigt anspruchsvolles Programmkino und wendet sich in Sonderreihen ans Publikum. Er hat die Allgäuer Filmkunstwochen mit seinen Kollegen in Marktoberdorf und Oberstdorf ins Leben gerufen. Abwechselnd in diesen beiden Städten und am Standort Bad Wörishofen wird interessantes, neues Kino präsentiert. Das Festival mit engagierten Schwulenfilmen, übrigens nicht nur für Homosexuelle, ist ebenfalls fester Bestandteil im Filmhaus, ebenso das Sieben-Schwaben Kinderfilm-Festival, die Bad Wörishofer Musik-Filmtage und das Unterallgäuer Tanzfilm-Festival. Außerdem hat Huber das Kino in Bad Wörishofen geöffnet für kulturelle Veranstaltungen. Die Auftritte der Künstler im Rahmen des Festivals „Jazz goes to Kur“ finden hier statt. Konzerte mit der Bigband der Musikschule Bad Wörishofen sind regelmäßig zu hören. Eng kooperieren die Filmhäuser Türkheim und Bad Wörishofen mit der Dampfsäg in Sontheim. Und weil die Kreisstadt Mindelheim kein Kino mehr hat, bietet Huber in Kooperation mit der Stadt Mindelheim und einem Omnibusunternehmen den Mindelheimer Filmfans einen Shuttlebus an, der sie nach Türkheim bringt.
Für seine Programmauswahl und sein Engagement ist Rudolf Huber mehrfach ausgezeichnet worden, unter anderem mit der kommunalen Verdienstmedaille der Stadt Bad Wörishofen, mit der Auszeichnung des Freistaats Bayern für ein qualitativ herausragendes Jahresfilmprogramm und dem Sonderpreis für das innovativste und beste Kinoprogramm in Bayern.
Fassbinder gewürdigt
Bei der Begegnung mit Stars wie Mario Adorf oder OscarGewinnerin Regisseurin Caroline Link hatte er Gelegenheit, für seine Leidenschaft Kino zu werben. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm die Begegnung mit Irm Hermann im Juli 2004 in Bad Wörishofen. Die Schauspielerin, Hauptdarstellerin in vielen Filmen des Regisseurs Rainer Werner Fassbinder, enthüllte am Kino in Bad Wörishofen eine Gedenktafel für Fassbinder. Der Autor, Darsteller und Regisseur wurde am 31. Mai 1945 in Bad Wörishofen geboren. Natürlich zeigt Huber in Bad Wörishofen regelmäßig Fassbinder-Filme. Auf dem Straßenpflaster vor dem Filmhaus in Bad Wörishofen hat Rudolf Huber einen „Boulevard der Filmkunst“ eingerichtet. Hier verewigen sich prominente Filmschaffende mit einem Stern im Gehweg.
Auch im Ehrenamt ist Rudolf Huber in gewisser Weise Glanz und Glamour verbunden: Seit 22 Jahren fungiert er als Präsident der Faschingsgesellschaft Wertachfunken in Türkheim und ist immer wieder begeistert über die tollen Kostüme, die Showtänze und Gardemärsche, die die Wertachfunken jedes Jahr auf die Bühne bringen.
Auf einen Blick
Die Geschichte des Films beginnt im 18. Jahrhundert mit der Laterna Magica. Dieses Gerät konnte Bilder, die auf eine Glasplatte gemalt waren, an die Wand werfen. Der Franzose Louis Le Prince entwickelte eine Filmkamera mit nur einem Objektiv. 1888 drehte er damit die ersten bewegten Bilder – dank Thomas Alva Edison und seinem Entwicklerteam. So stellte Edison nach dem Aufzeichnungsgerät Kinetograph von 1891 einen Prototyp des Projektionsgerätes Kinetoskop vor. Der Filmtransport wurde dabei mit Hilfe einer Perforation im Film ermöglicht. die Filmvorführung der Brüder Lumière am 28. Dezember 1895 in Paris die Geburtsstunde des Mediums Film. Die Lumières erfanden die moderne Filmtechnik, darunter den 35-mm-Cinématographen. Zunächst nur als Stummfilm, ab 1927 auch mit Ton, trat das Medium Film seinen Siegeszug an. Der Durchbruch für den Farbfilm kam 1937 mit Walt Disneys Zeichentrickfilm „Schneewittchen und die sieben Zwerge“. Film heute ist gleichermaßen Unterhaltung und Kunst. Das eine muss das andere nicht ausschließen. Wichtigster weltweiter Filmpreis ist der Academy Award, auch Oscar genannt. In der Filmmetropole Hollywood werden die Oscars alljährlich verliehen. Auch in Deutschland gibt es eine Reihe von Auszeichnungen für herausragende Filme, darunter die „Lola“. Seit der Verbreitung des Fernsehens hat das Kino an Bedeutung verloren, doch nach wie vor hat es seinen festen Platz.
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