Muttertag – die Wiedergeburt der Frauenseele
Erna Siebinger sieht Kinderlosigkeit als besondere Lebensaufgabe
Markt Sie sprechen nicht gerne darüber – Frauen und Paare, die keine Kinder bekommen können. Ungewollte Kinderlosigkeit scheint ein Tabu in unserer Gesellschaft zu sein und gerade der Muttertag ist für Betroffene womöglich ein schmerzliches Erinnern daran. Erna Siebinger aus Markt hat das Tabu gebrochen und ihre Kinderlosigkeit in eine Allmütterlichkeit und in ein allumfassendes Frausein verwandelt. Längst hat sie ihre eigene persönliche Leidensgeschichte hinter sich gelassen: Früher Verlust des kriegstraumatisierten Vaters, keine Ausbildung in der Jugendzeit – „ich war zur Mutterstütze da“ –, Erkrankung bald nach der Heirat, mehrere Operationen und letztendlich die Erkenntnis, keine Kinder bekommen zu können. „Als wir unser Haus bauten, da hatten wir das Kinderzimmer schon im Plan“, erzählt Erna Siebinger, dass das Kinderzimmer nie eines geworden ist. Sie lies sich zur Arzthelferin ausbilden, hatte mehrere Stellen und arbeitet heute, 60 Jahre alt, nach einer schweren Depression, nicht mehr.
Natürlich fragte sich die jugendlich, fast mädchenhaft gebliebene Frau, was ihr das Schicksal da auferlegt hat. Und sie fand Antworten in vielen Begegnungen mit Frauen und in Büchern von und über Frauen. Sie ist inzwischen überzeugt davon, dass ihre Kinderlosigkeit nicht nur in der Krankheit begründet ist, sondern Resultat ihres Lebensweges und des Weges, den schon ihre Mutter und ihre Großmütter eingeschlagen hatten – ein hartes Leben, in dem Frauen männliche Rollen übernehmen mussten und in dem kein Platz für Weiblichkeit war. „In meiner Krankheit habe ich die weibliche Identität gesucht und durch die Krankheit in sie hineingefunden“, erkennt Erna Siebinger einen Sinn ihres körperlichen Leidens in jungen Jahren. Um so mehr arbeitete sie über die Zeit daran, ihre eigene Weiblichkeit zu ergründen, die Kinderlosigkeit nicht nur im Körperlichen, sondern im Seelischen zu suchen. Ihre trostreiche Erkenntnis ist, dass Kinderlosigkeit – „Jungfräulichkeit“ – wie sie den Zustand auch gerne nennt, in der Geschichte der Frauen immer schon ihren Platz hatte, nur dass sie nicht tabuisiert wurde, sondern umgewandelt in eine Lebensaufgabe. Erna Siebinger spricht von Priesterinnen in der Antike, von Göttinnen, von der Heiligenverehrung in der christlichen Kirche, von Hexen und weisen Frauen, die in den verschiedenen geschichtlichen Epochen ihre Zeichen gesetzt und dem Frausein, auch dem Frausein ohne Mutterschaft, Sinn und Würde verliehen haben.
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