Gehalt: Frauen haben immer noch das Nachsehen
Ob Bäckereifachverkäuferin oder Elektroingenieurin - Frauen verdienen im Durchschnitt deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen. Ein neuer Test deckt Diskriminierung in Betrieben auf. Von Kathrin Feulner
Ob Bäckereifachverkäuferin oder Elektroingenieurin - Frauen verdienen im Durchschnitt noch immer deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen. Kurz vor dem Equal-Pay-Day, dem Tag der Entgeltgleichheit, am 26. März hat die Europäische Kommission ihre Zahlen zum Lohnabstand zwischen den Geschlechtern aktualisiert:
Gut 23 Prozent attestiert sie Deutschland, das ist der fünftschlechteste Wert unter den 27 EU-Ländern.
In Estland ist die Gehaltsschere mit gut 30 Prozent am größten, am besten kommen mit weniger als fünf Prozent die Frauen in Italien weg. Deutschland liegt deutlich über dem EU-Durchschnitt von 18 Prozent - dafür gab es erst kürzlich eine Rüge von der Kommission.
Die wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, Prof. Heide Pfarr, fordert jetzt ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft: "Zehn Jahre freiwillige Selbstverpflichtung haben die Entgeltdiskriminierung nicht beseitigt."
Das Einkommensgefälle lasse sich nur zu einem Drittel dadurch erklären, dass Frauen in schlechter bezahlten Jobs arbeiteten oder nach der Elternzeit oft einen Karriereknick erlebten. Um versteckte Diskriminierung aufzudecken, haben Forscherinnen des WSI nun ein neues Prüfinstrument entwickelt:
Über den "Entgeltgleichheits-Check" können Unternehmen, Betriebs- und Personalräte, aber auch einzelne Beschäftigte prüfen, ob ihr Betrieb diskriminierungsfrei bezahlt. Das Angebot klopft wichtige Lohnbestandteile wie Grundgehalt, Leistungsvergütungen oder Erschwerniszuschläge ab.
Eine Testversion steht bereits im Internet unter eg-check.de zur Verfügung.
Laut Hans-Böckler-Stiftung sorgen oft nur schwer identifizierbare Mechanismen dafür, dass Frauen für gleiche oder gleichwertige Arbeit weniger verdienen als Männer. Ein Beispiel: Bei der Bewertung der Leistung einer Altenpflegerin werden körperliche Belastungen nicht bewertet, beim Hausmeister derselben Einrichtung werden sie hingegen berücksichtigt.
Der neue Test ist Pfarr zufolge eine detailliertere Alternative zur Software Logib-D ("Lohngleichheit im Betrieb - Deutschland"), einem Angebot des Bundesfrauenministeriums. Die WSI-Direktorin räumt jedoch ein: "Gute Prüfverfahren nützen nichts, wenn es keinen Druck gibt, die festgestellte Diskriminierung zu beseitigen." Von Kathrin Feulner
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