Mister Marchessinis Bitte an Frau Merkel
Warum ein reicher Mann aus England Kanzlerin Angela Merkel in einer Zeitungsanzeige auffordert, den Griechen nicht zu helfen ...
Die Anzeige in der FAZ am Freitag war kaum zu übersehen: „Nachricht an die Deutschen“ hatte die Londoner Firma Marchessini & Co. ihren offenen Brief überschrieben. Darin warnt sie dringend, Griechenland durch Transferzahlungen zu stützen. „Jeder Grieche weiß, dass das Land bankrott ist“, heißt es in dem englischsprachigen Text. Doch wer ist der unbekannte Inserent? Und was treibt ihn, politische Botschaften in riesige Annoncen zu verpacken?
Demetri Marchessini ist auf der Insel kein Unbekannter. Er vertritt gern seine Meinung. Um sich Gehör zu verschaffen, mischt sich der 76-Jähriger immer mal wieder per Zeitungsinserat ein. Erst kürzlich ärgerte ihn Regierungschef David Cameron, der beklagte, dass die Universität Cambridge zu wenig schwarze Studenten aufnehmen würde. „Da fällt mir ein, dass es noch nie einen schwarzen Premier gab“, richtete Marchessini dem Staatschef in einem offenen Brief aus, „deshalb haben Sie jetzt die einmalige Chance, etwas für den sozialen Aufstieg von Farbigen zu tun, sofort zurückzutreten und einen schwarzen Nachfolger einzusetzen.“
Das Thema Griechenland liegt ihm besonders am Herzen. Marchessini wohnt zwar in London, wo die Schiffsindustrie ihn reich gemacht hat, seine Wurzeln aber liegen auf der Insel Kefalonia. „Ich will nicht, dass Frau Merkel mein Land kaputtmacht“, sagt er. Die Rettung seiner Heimat durch die Kanzlerin sei „gefühlsgesteuert, aber sicher nicht intelligent“. Die Kosten trage nicht sie, sondern der deutsche Steuerzahler, hatte der Senior in seiner Anzeige notiert.
„Griechenland hat kein Liquiditätsproblem“, schnaubt er, als er um Erklärung gebeten wird, „mein Land ist bankrott und wird es lange bleiben, weil wir nichts haben außer Landwirtschaft und Tourismus“. Jeder Euro, der nach Athen überwiesen werde, sei verloren.
Marchessini, heute noch wohlhabender „Finanzier“, hofft deshalb auf die Deutschen: „Ich hörte, dass die Wähler Griechenland gar nicht retten wollen. Hoffentlich kann ich mit meiner Anzeige ein paar Leute beeinflussen.“ Und: „Ihr seid ein so wichtiges Land, setzt Euch durch“, gibt er den Deutschen mit auf den Weg. Am liebsten wäre ihm, sein Land würde in die Staatspleite gehen. „Ansonsten wird Deutschland Griechenland auf ewig unterstützen müssen“, prophezeit er.
Die Reaktionen auf seine Annonce seien „überwiegend positiv“ gewesen. Nur manche FAZ-Leser hätten ihm eine E-Mail geschrieben, dass er seine offenen Briefe mal besser auf Deutsch verfassen sollte. „Hab’ ich nicht dran gedacht", sagt der Pensionär, „nächstes Mal mach’ ich das.“
Bisher hat der meinungsfreudige Südländer seine Kommentare hauptsächlich auf die weibliche Garderobe beschränkt. In seinem Buch „Frauen in Hosen - eine Rückansicht“ (2003) schimpft er über alle Damen, die keine Röcke tragen wollen. Garniert hat er sein Druckwerk mit einer Menge Beweisfotos von aus seiner Sicht nicht optimal geformten Hinterteilen.
„Sexismus auf Stelzen“ haben ihm die zumeist weiblichen Rezensenten daraufhin attestiert. Die Zeitungen Times und Guardian fanden das Werk „ganz offensichtlich abscheulich, beleidigend und frauenfeindlich“. Doch Marchessini scheut vor keiner Debatte zurück. Zum einen findet er, dass er nur das ausspricht, was ohnehin alle denken („Männer mögen keine Frauen in Hosen. Nur trauen die Angelsachsen sich nicht, das auszusprechen.“). Zum anderen hat der Schiffs-Tycoon sich gerade einen Internet-Blog eingerichtet, in dem er schreibt, was er will – vor allem Macho-Sprüche. Zum Beispiel: „Natürlich verzeiht Maria Shriver ihrem Mann Arnold Schwarzenegger nicht. Das Problem ist nicht irgendeine Affäre mit dem Hauspersonal, sondern sein schlechter Geschmack.“
Zurück zur FAZ-Annonce. Mrs. Merkel habe auf seinen offenen Brief „leider noch nicht reagiert“. Auf eine Antwort will der 76-Jährige aber warten, schließlich hat er als Insider noch einige Tipps in puncto Griechenland auf Lager. „Ich würde Mrs. Merkel gerne mal zum Essen ausführen“, sagt er. Freilich auf seine Rechnung, das sei ihm wichtig, schließlich zahlten bei den Griechen gottlob noch immer die Männer.“
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