Roboter als Häuslebauer
In der Schweiz proben Experten das Bauen der Zukunft. Wie das geht? Mit autonomen Computern und Decken aus dem 3D-Drucker.
Beton, Steine, Stahl - im Vergleich zur immer unübersichtlicheren digitalen Büro-Arbeitswelt, in welcher die meisten Angestellten in Deutschland ihre Tage verbringen, scheint die Welt der Baustellen noch handfest, materiell und analog. Doch längst arbeiten Bauforscher, Architekten und Ingenieure daran, das Bauen der Zukunft mit Digitaltechnik zu verbessern. In der Schweiz ist man auf diesem Feld besonders weit fortgeschritten. In Dübendorf, östlich von Zürich, entsteht gerade das weltweit erste Haus, das fast ausschließlich mit digitalen Prozessen entworfen, geplant - und gebaut wird.
Das Haus entsteht auf einem bereits bestehenden Gebäude: dem NEST-Haus, einer Art Versuchslabor für alle möglichen Innovationen in Bau und Architektur, das von Forschungsinstitutionen und Wirtschaftsunternehmen gemeinsam betrieben wird. So gibt es dort, neben vielen anderen, bereits Projekte zum modularen Bauen und für neue Anwendungen für Holz, zum Leichtbau und für Urban Mining, das heißt bauen mit Materialien, die beim Abbruch anderer Gebäude entstehen. Vier neue digitale Bautechnologien werden bei dem neuen Projekt nun erstmals in der Anwendung erprobt. Sie sollen das Bauen künftig nachhaltiger und effizienter machen - und ganz neue Gestaltungsformen ermöglichen. Entsprechend sieht die Baustelle auch anders aus als gewohnt.
Da fährt erst mal ein etwa zwei Meter hoher Roboter auf Ketten herum. Sein Name: "In situ Fabricator". Sein Job: Die 1:1-Umsetzung einer am Computer entworfenen, mehrfach gekrümmten, tragenden Wand aus Stahlbeton. Der Roboter schweißt das Stahlgitter entsprechend der digitalen Vorlage weitgehend selbstständig zusammen. Das Gitter ist gleichzeitig Schalung und Bewehrung und wird am Ende nur noch mit Beton aufgegossen. Dank der engen Maschen und eines speziellen Betons fließt nichts heraus. So sind quasi beliebige Wandformen möglich, die mit weniger Abfall und weniger Material hergestellt werden können. Auch die Decke, die auf diese Wand des späteren Wohn- und Arbeitsbereichs kommt, ist außergewöhnlich.
Sie ist nämlich nicht eben, sondern fast schon eine am Computer entworfene, strukturierte und statisch optimierte Deckenlandschaft. Gebaut wird sie mit einer Schalung, die mit 3D-Sanddruckern hergestellt wurde und anschließend mit ultrahochfestem, faserverstärktem Beton ausgegossen und mit Ankern für die Verspannung ausgestattet wird. Aussparungen für Gebäudetechnik, Beleuchtung oder Anpassungen für eine optimierte Akustik sind so bereits in die Bauteile integriert. Beteiligt bei diesem Teilprojekt ist auch die Firma Voxeljet mit Sitz in Friedberg bei Augsburg.
Beton als Baustoff kommt auch bei einer anderen Innovation eine große Bedeutung zu. Statt wie bisher mühsam Schalungen zu bauen, die mit Beton gefüllt werden, soll in Zukunft die Schalung bei der Befüllung quasi mitgezogen werden. Durch die passgenaue Vorfabrikation der Bauteile steht das ganze Haus am Ende viel schneller. Dazu braucht es einen Superbeton, der schnell abbindet und dennoch noch nachformbar bleibt.
Die vierte Innovation schließlich soll ebenfalls die Vorfabrikation auf ein neues Niveau heben. Komplette Holzständerkonstruktionen werden von Robotern zusammengebaut. Technische Installationen wie etwa Fotovoltaik oder Beschattungssysteme werden dabei bereits in die Baugruppe integriert. Die fertigen Teile werden dann an die Baustelle geliefert und müssen nur noch eingeschoben werden. Nächstes Jahr soll der neue Gebäudeteil in Betrieb gehen - und die Innovationen sich bewähren.
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