Wo die deutsche Wirtschaft boomt
Weil neue Jobs nur da entstehen, wo es bereits viele Jobs gibt, setzt sich die Spaltung Deutschlands fort. München, Berlin/Potsdam und Hamburg boomen.
München ist spitze – und bleibt spitze. Was beim Fußball längst Realität ist, gilt auch für die Wirtschaftskraft und die Beschäftigungszahlen. Die bayerische Landeshauptstadt, die mit ihrem oberbayerischen Umland schon jetzt die wirtschaftsstärkste Region Deutschlands mit dem größten Bevölkerungszuwachs und der geringsten Arbeitslosigkeit ist, wird ihren Spitzenplatz bis 2030 weiter ausbauen und sich „in der Champions League der Weltstädte behaupten“. Davon profitiert auch der gesamte südbayerische Raum von Schwaben bis Niederbayern, der in den nächsten eineinhalb Jahrzehnten ebenfalls stark zulegen kann.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC und des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts HWWI. Dagegen wird in 80 Prozent der Landkreise und der kreisfreien Städte in der Bundesrepublik die Zahl der Beschäftigten teilweise stark sinken - was zu erheblichen Wanderungsbewegungen innerhalb Deutschlands führt.
Größer werdende Lücke zwischen starken und schwachen Regionen
Die Spaltung Deutschlands in wirtschaftsstarke Regionen und in strukturschwache Gebiete wird sich nach den Ergebnissen dieser Studie in den nächsten eineinhalb Jahrzehnten weiter vertiefen. Die Starken werden noch stärker, die Schwachen noch schwächer, neue Jobs entstehen nur da, wo es bereits jetzt viele Jobs gibt: „Drei große Verwerfungen durchziehen unser Land: Der Westen ist wirtschaftlich stärker als der Osten, der Süden ist wirtschaftlich dynamischer als der Norden und die urbanen Zentren entwickeln sich erfolgreicher als der ländliche Raum“, fassen PwC und HWWI ihre Erkenntnisse zusammen.
Das wiederum bleibt nicht ohne Folgen für die Bevölkerungsentwicklung. Die jungen, gebildeten und qualifizierten Menschen verlassen ihre Heimat und ziehen in die wirtschaftlich prosperierenden Zentren der Republik. Ein Teufelskreis. „Dem ländlichen Raum in Deutschland gehen mit der abwandernden Jugend auch die Leistungsträger der Zukunft verloren“, urteilen die Autoren der Studie. In den schrumpfenden Dörfern seien daher „weitere, schmerzhafte Anpassungen unausweichlich“.
Berlin hat sich 35 Jahre nach dem Mauerfall erholt und erstarkt wieder
Die Gewinner dieser Entwicklung stehen bereits fest: Auf den ersten drei Plätzen liegen die Metropolregionen München, Hamburg und Berlin/Potsdam, dahinter folgen, allerdings deutlich schwächer, die Regionen Stuttgart, Frankfurt/Main und das Rhein/Main-Gebiet sowie Düsseldorf, die vom Zuzug qualifizierter Arbeitskräfte aus dem In- und Ausland profitieren. Vor allem für die deutsche Hauptstadt fällt die Prognose überaus günstig aus, ein Vierteljahrhundert nach dem Mauerfall hat die Stadt die Folgen der Teilung und des dramatischen Strukturwandels nach der Wiedervereinigung mit dem Verlust hunderttausender Arbeitsplätze überwunden. „Berlin erfindet sich immer wieder neu und nimmt mehr und mehr auch einen zentralen Platz in der Weltwirtschaft ein.“ Die Spree-Metropole sei nicht nur ein Zentrum für Kreative, Kunst, Politik und Medien, sondern habe auch besondere Stärken in Branchen wie Informationstechnologie, Life Sciences und Dienstleistungen.
Nur wenige Landkreise werden nach der Studie bis 2030 mit einer Zunahme an Jobs und somit an Erwerbstätigen rechnen können. Die meisten davon liegen in Südbayern in einem breiten Streifen von Schwaben über Oberbayern bis Niederbayern. Dagegen wird es in Nordbayern zu zum Teil erheblichen Arbeitsplatzverlusten kommen. In Baden-Württemberg wird die Region von Karlsruhe über Heilbronn bis Schwäbisch-Hall weiter deutlich wachsen. Die einzige Region im Norden – neben der Hansestadt Hamburg und ihrem Speckgürtel –, die ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum und somit ein Plus an Jobs verzeichnen kann, sind die Landkreise Emsland, Cloppenburg und Vechta. Sie profitieren von der starken Konzentration auf die Lebensmittel- und Ernährungsbranche sowie deren Zuliefererindustrie. Dagegen geht in 254 der 325 westdeutschen Landkreise die Zahl der Beschäftigten zurück. Dies betrifft vor allem die Kreise entlang der früheren innerdeutschen Grenze sowie Nordbayern im Grenzgebiet zu Thüringen und Tschechien.
In den neuen Ländern dagegen wird es bis 2030 zu einem dramatischen Schrumpfungsprozess kommen. Insgesamt geht die Zahl der Beschäftigten um 10,4 Prozent zurück, in weiten Teilen Mecklenburg-Vorpommerns, Brandenburgs, Sachsen-Anhalts, Thüringens und Sachsens schrumpft die Bevölkerung sogar um mehr als 20 Prozent. Nur in vier von 77 Landkreisen entstehen neue Jobs – im Speckgürtel südlich von Berlin und in Leipzig.
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