Spätzle und Herrgottsbscheißerle
In dieser Folge unserer Serie über sprachliche Besonderheiten befassen wir uns mit den Varianten der Nudeln
Landkreis Augsburg Um die wirkliche „offensichtlich lebenswichtige“ Bedeutung zu verstehen, die das Grundnahrungsmittel Nudel für den wahren Schwaben hat, muss man wohl zwischen Rhein und Lech geboren sein: Spätzle, Knöpfle, Schupfnudeln, Buabaspitzla, Maultaschen und mehr in zahlreichen Varianten und Rezepten – allesamt sehr wohlschmeckend (und leider kalorienreich). Wussten Sie, dass es im Internet eine eigene Seite „spaetzle.de“ gibt?
Der Nichtschwabe kann den hohen Stellenwert der Spätzlefamilie zwar nicht nachvollziehen, aber er stellt ihn ständig fest und vergleicht ihn mit dem der Pasta für den Italiener. Und auch hier scheiden sich die Geister, wenn es um Herstellung, Form und Zubereitung geht. Geschabt oder gepresst ist eine Glaubensfrage, wobei der Norden Bayrisch-Schwabens mehr schabt, der Süden eher drückt, wie der Sprachexperte Professor König festgestellt hat. In Württemberg ist die dünnere, längere Form bevorzugt, wohingegen im Augsburger Raum kürzere und dickere Spatzn gegessen werden. Und je weiter man nach Altbayern kommt, gibt es die Schupfnudeln, die dort Kartoffel-Spatzn heißen – in Württemberg Buabaspitzle, aber mit Mehl hergestellt.
Um die Herkunft des Namens Spätzle ranken sich viele Erklärungen – nur: Nix gwiß woaß ma net. Der oben erwähnte Professor hält den Vogel als Namenspatron der Form halber für möglich und mutmaßt auch eine Verformung des italienischen Wortes Pasta (Kleiner Sprachatlas von Bayerisch-Schwaben im Wißner-Verlag, Augsburg).
Aber es könnte auch mit dem italienischen Wort Pezzo (Stück) und spezzare (zerteilen, zerkleinern) in sprachlichem Zusammenhang stehen. Das würde dann bedeuten, dass die Spätzle und alles was dazugehört aus Italien importiert wurden. Angesichts der vielen Einflüsse der Römer und der Italiener am Nordrand der Alpen nicht unvorstellbar.
Andererseits irgendwo witzig, weil auch die Italiener fieberhaft auf der Suche nach dem Ursprung ihrer Pasta sind. Marco Polo soll sie – so eine Legende – aus China mitgebracht haben. Nur: Antike Rezept-Quellen legen nahe, dass die alten Römer bereits Nudeln kannten. Sei’s drum, die Hauptsache, es schmeckt, und das tut’s in Italien genauso wie in Schwaben.
Ebenso sagenumwoben ist die Herkunft des Begriffs Maultaschen. Klar, auch die Schwaben – hier die aus Württemberg – reklamieren Maultaschen als einheimisches Nahrungsmittel aus Maulbronn. Oder hat sie doch die Margarethe von Maultasch aus dem Bozen-Meraner Raum bei uns eingeführt? Plausibel und somit als wohl richtig scheint zu sein, dass Maultaschen eine Art Mogelpackung waren. Denn Karfreitag und in der Fastenzeit durfte kein Fleisch gegessen werden, musste also in den Teigtaschen versteckt werden. Aber: Liebe Schwaben, Maultaschen, also gefüllte Teigtaschen, gibt es fast überall auf der Welt. Und da werden sie nicht als Herrgottsbscheißerle missbraucht, sondern unverdächtig beispielsweise mit Topfen und Kräutern gefüllt.
Topfen ist das, was der Oberbayer im ersten Reifestadium gestückelte Milli nennt, der Schwabe Schlotter und Schluder. Als fertiges Molkereiprodukt ist es dann Topfenkäs oder auch Zigerkäs im Allgäu oder eben Topfen (von Topf) – aber n i e Quark. Oder halten Sie es für möglich, dass eine süddeutsche Kuh Quark produziert? Nie und nimmer!
Nächste Woche Mit den Worten für Jahreszeiten, Monats- und Wochennamen, auch Feier- und Festtagen beschäftigen wir uns in der nächsten Folge.
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