Benedikt XVI. ist immer noch "a bissl Papst"
Pilger aus der Oberpfalz besuchen Benedikt XVI. im Vatikan. Der 88-jährige emeritierte Papst ist nicht mehr gut zu Fuß, aber geistig frisch.
Es ist kurz vor Sonnenuntergang, als die helle Holztür des Klosters Mater Ecclesiae hinter dem Petersdom aufgeht. Der emeritierte Papst kommt in kleinen, kurzen Schritten heraus. Benedikt XVI. trägt einen weißen Wollmantel, braune Schuhe. „Guten Abend zusammen“, sagt er.
Sein Privatsekretär Erzbischof Georg Gänswein, der ihn gestützt hat, stellt einen Stuhl hinter ihm auf. Aber hinsetzen will sich der 88-jährige Joseph Ratzinger erst ganz am Schluss. Er stützt beide Hände auf einen schwarzen Stock. Den Kopf reckt er leicht nach vorne, um die ehrfürchtigen Gäste besser zu verstehen. Seine Mundwinkel zeigen nach oben – ein Zeichen echter Freude. Schließlich ist Besuch aus der Heimat da, eine 50-köpfige Gruppe aus dem Landkreis Amberg in der Oberpfalz. Bereits vor einigen Tagen hatte sie ein überdimensionales Geschenk abgeliefert, den Weihnachtsbaum für den Petersplatz. Er stammt aus den Gemeinden Hirschau, Freudenberg und Schnaittenbach, einer Gegend, die „Weihrauch mit Bratwürsten“ kombiniert, wie einer aus der Gruppe sagt. Benedikt muss schmunzeln.
Besuch aus Bayern für Benedikt XVI.
Der emeritierte Papst ist nicht mehr gut zu Fuß. Das war auch vor gut einer Woche beim Beginn des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit im Petersdom zu sehen. Aber der Besuch aus Bayern bereitet dem geistig frischen Joseph Ratzinger vergnügliche Momente. Die mitgereiste Europaministerin Beate Merk überbringt die Grüße der bayerischen Bevölkerung und Plätzchen aus der Staatskanzlei. „Hmmm“, sagt Benedikt. Es sei schön, dass er auf diese Weise „Bayern auch schmecken kann“. Er goutiert auch andere Mitbringsel – Weißwürste und Hirschauer Wurstpralinen („Interessant, ganz was Neues“).
Alle sprechen Benedikt mit „Heiliger Vater“ an, der korrekten Anrede für einen emeritierten Papst. Aber in diesen zwei Worten steckt mehr, nämlich das Gefühl, dass der 88-Jährige, dessen Konterfeis schon aus den meisten Souvenirläden in Vatikannähe verschwunden sind, doch noch irgendwie amtiert, nicht im strengen Sinn natürlich. „Franziskus ist der Chef, aber für uns ist Benedikt immer noch a bissl Papst“, fasst Bernhard Wiesgickl zusammen, was die Gruppe denkt. Er hat die 30 Meter hohe Fichte für den Petersplatz ausgesucht, deren zwei Wipfel zusammengebunden wurden. „Zwei Gipfel, zwei Päpste“, sagt er. Heute ist die Gruppe auch bei Papst Franziskus zur Audienz.
Benedikt spricht seinen Segen
Benedikt bedankt sich in einer kurzen, leisen Rede für den Besuch. Der Hirschauer Baum sei „eine Spur der Freundschaft“, sagt er. Zum Abschluss spricht der emeritierte Papst einen Segen, die Gruppe stimmt das Lied „Großer Gott, wir lieben dich“ an, Benedikt stimmt ein. Bevor er sehr mühsam die drei Stufen zur Haustür seines Alterswohnsitzes hinaufsteigt, wünscht einer der Pilger, dass man ihm gewiss auch zum 90. Geburtstag gratulieren werde. „Na, lieber ned“, sagt Benedikt, bedankt sich und lächelt.
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