Die Münchener Tatort-Kommissare gibt es "nur zu zweit"
Der Münchner „Tatort“ spielt am Sonntag erstmals auf der Wiesn. Miroslav Nemec über eine frostige Begegnung mit Udo Wachtveitl bei alkoholfreiem Bier und seine Rolle als Kommissar.
Herr Nemec, Sie und Udo Wachtveitl sind das „Tatort“-Duo mit den meisten Einsätzen. Ist Ihr Kennenlernen Anfang der 90er Jahre wirklich so frostig verlaufen, wie es die Legende will?
Miroslav Nemec: Es war in einem Biergarten irgendwo in Schwabing, da saßen unter anderem der damalige Unterhaltungschef, unsere Redakteurin und ein Autor. Wir kamen dazu, Udo wie immer mit dem Radl und ich mit dem Auto, weil ich weiter weg wohnte. Jedenfalls waren wir etwas reserviert. Udo zieht mich bis heute auf und sagt: „Du hast auf Bayerisch ein alkoholfreies Bier bestellt, das fand ich besonders furchtbar.“ Er hat sich natürlich auch ein bisserl gespreizt, jeder wollte der Bessere sein. Bis die gesagt haben: „Also, jetzt kommen wir zur Sache, wir wollen euch beide haben.“ Und dann haben wir auch ein ordentliches Bier bestellt.
Und heute sind Sie beide gute Freunde?
Miroslav Nemec: Natürlich sind wir befreundet, wir reisen diesen Herbst wieder zusammen nach Kroatien – das würde man sonst nicht tun.
Gibt es Batic und Leitmayr nur als Team oder würden Sie auch ohne Herrn Wachtveitl weitermachen, wenn er aussteigt?
Miroslav Nemec: Nein, uns beide gibt es nur zu zweit. Wenn ich unterwegs bin und jemand erkennt mich, bekomme ich auch oft zu hören: „He, wo ist denn der Kollege?“
Bekommen die beiden Münchner Kommissare eigentlich irgendwann mal wieder Freundinnen?
Miroslav Nemec: Die Redakteurin, die Batic und Leitmayr erfunden hat, sagte einmal zu uns: „Jungs, ihr seid die Projektionsfläche für die Zuschauerinnen, also: keine Freundinnen!“ Und dabei bleibt’s.
Viele „Tatort“-Helden haben heute besondere Merkmale: Ulrich Tukurs Ermittler etwa litt an einem Hirntumor, Devid Striesows Saarbrücker Kommissar hat einen Esoterikfimmel. Sind normale Typen wie Batic und Leitmayr inzwischen ein Auslaufmodell?
Miroslav Nemec: Die Leute sagen mir auf der Straße: „Bitte bleibt so, wie ihr seid.“ Wir brauchen keine Äußerlichkeiten, keine Schäden, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Allein schon durch die vielen Jahre und unsere vielen Fälle holen wir genug Aufmerksamkeit, und die Fans erwarten auch, dass wir uns treu bleiben.
Haben die „Tatorte“ mit Batic und Leitmayr die Krimilandschaft verändert?
Miroslav Nemec: Das denke ich schon. Zwei gleichberechtigte junge Hauptkommissare, einer aus München, einer mit Migrationshintergrund, das war vor fast 25 Jahren ganz unüblich. Gucken Sie, was in der Zeit danach kam: oft waren es zwei Männer. Der „Tatort“ aus Köln zum Beispiel mit Dietmar Bär und Klaus J. Behrendt, das war sicher auch eine Reaktion auf München.
Was bedeutet es Ihnen, dass Sie einer der ersten Ermittler mit ausländischen Wurzeln waren?
Miroslav Nemec: Das war wichtig für mich und für meine Landsleute. Landsleute meine ich in einem sehr weiten Sinne – nicht nur Jugoslawen, auch Türken, Spanier oder Griechen. Leute aus der Gastarbeitergeneration, die zum Arbeiten nach Deutschland gekommen waren. Ich bin in ihren Augen einer von ihnen, der es in Deutschland geschafft hat, das ist eine Bestätigung und Genugtuung, die sie stolz macht und vielleicht auch anspornt.
Glauben Sie, dass Sie als Ivo Batic zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund beigetragen haben?
Miroslav Nemec: Ich hoffe sehr, dass sich die Rolle positiv auf unsere Gesellschaft ausgewirkt hat. Neulich fuhr mich ein junger türkischer Taxifahrer, und sobald er gemerkt hat, dass ich nicht in Deutschland geboren bin, war die Kommunikation eine wesentlich intimere.
Sind die Münchner eigentlich auch mal sauer darüber, dass die Schattenseiten der Stadt in den Krimis so thematisiert werden?
Miroslav Nemec: Das glaube ich nicht. Erstens: In München gibt es gar nicht so viele Münchner. Zweitens: Nach jedem Tatort mokiert sich ja sowieso irgendeine Gruppe. Aber für München ist unser Tatort ein Aushängeschild, denke ich, egal welches Thema angeschnitten wird. Gerade in der Mitte und im Norden Deutschlands finden es viele Menschen toll, dass da nicht das Grünwald von „Derrick“ gezeigt wird, sondern ein anderes München – so wie es eben auch ist.
Interview: Cornelia Wystrichowski
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