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Augsburg
22.02.2013

Die ungleichen Brüder vor Gericht

Das Medienecho beim Prozessauftakt im Augsburger Polizistenmord war enorm.
Foto: Ulrich Wagner

Die Angeklagten Rudi R. und Raimund M. geben sich gegensätzlich am ersten Verhandlungstag: der eine als kranker Mann, der andere aggressiv. Was sie eint, ist ihr Schweigen.

Es ist der Moment, vor dem sich die Polizeibeamtin Diana K. seit Monaten gefürchtet hat. Um Viertel nach neun am Donnerstagvormittag führen sechs schwer bewaffnete Polizisten des Unterstützungskommandos die Männer in den Gerichtssaal, die in einer diesigen Oktobernacht 2011 aus dem Dunkeln auf sie und ihren Kollegen Mathias Vieth geschossen haben sollen. Wirkte die Polizeihauptmeisterin anfangs noch gefasst, greift sie jetzt die Hand ihrer Anwältin Marion Zech, schließt die Augen, atmet tief und kämpft mit den Tränen.

Dann ein Blitzlichtgewitter

Es ist sehr still im voll besetzten Saal, als die Tür zu den Hafträumen aufgeht. Dann ein Blitzlichtgewitter. Als Erster wird Rudi R., 57, hereingebracht. Er ist an Händen und Füßen gefesselt und trägt blaue Gefängniskleidung. Ein süffisantes Lächeln zeichnet sich auf seinem Gesicht ab. Dann blickt er unwirsch um sich, sichtlich genervt. Die Handfessel wird gelöst. Er setzt sich. Auf dem Tisch stehen Karten mit den Namen der Angeklagten.

Vier Minuten später ist sein älterer Bruder Raimund M., 59, dran. Er ist ebenfalls an Händen und Füßen gefesselt, trägt aber einen dunklen Anzug. Seine rechte Hand zittert stark. M. hat Parkinson. Das Gehen ist für ihn beschwerlich. Als sich die beiden Brüder zum ersten Mal seit ihrer Inhaftierung vor knapp 14 Monaten sehen, umarmen sie sich.

Stimmen die Vorwürfe, ist Rudi R. ein extrem kaltblütiger Täter

Folgt man den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft, sind die beiden Männer hochgefährlich. Sie sollen in der Nacht zum 28. Oktober 2011 den Polizisten Mathias Vieth, 41, erschossen haben, um einen geplanten Raubüberfall zu vertuschen. Das Unfassbare daran: Rudi R. hat vor 38 Jahren schon einmal einen Augsburger Polizisten ermordet. Er saß fast 20 Jahre in Haft. Treffen die neuen Vorwürfe zu, gehört zumindest Rudi R. zu den kaltblütigsten Verbrechern der Justizgeschichte.

Rudi R. tut alles, um dieses Bild zu bestätigen. Als seine Verteidiger Kai Wagler und Markus Meißner beantragen, ihrem Mandanten die Fußfesseln abzunehmen und sich Staatsanwalt Hans-Peter Dischinger dagegen ausspricht, beschimpft ihn Rudi R. als „Drecksack“. Die Anklageschrift bezeichnet er als „Grimms Märchen“. Auch gegenüber dem Gericht zeigt er keinen Respekt. Er steht nicht – wie es üblich ist – auf, als die Richter den Saal betreten.

Unbeherrscht und aggressiv

In einer Verhandlungspause pöbelt er: „Faschismus hat ja Tradition in diesem Land, besonders in Bayern.“ Nach Aussagen mehrerer Prozessbeteiligter macht er mit Daumen und Zeigefinger eine Gestik in Richtung Staatsanwaltschaft, die an das Zielen mit einer Pistole erinnern könnte. Rechtsanwalt Walter Rubach, der die Witwe des getöteten Polizisten als Nebenklägerin vertritt, sagt: „Er ist unbeherrscht und aggressiv. Er bestätigt jedes Vorurteil.“

Im Gegensatz zu seinem Bruder beantwortet Rudi R. auch keinerlei Fragen des Gerichts, nicht einmal die nach seinen Personalien. Raimund M. spricht leise und mit brüchiger Stimme. Seine Hand zittert permanent. Die Frage, ob ein scheinbar so kranker Mann spektakulär auf einem Motorrad flüchten und gezielt auf einen Polizisten schießen kann, wird das Gericht bis Ende des Jahres klären müssen. (Den Prozessauftakt können Sie auch im Live-Ticker nachlesen)

Die Rollen der Brüder sind klar verteilt

Die Rollen der Brüder sind klar verteilt. Hier der kranke Raimund M., der beim Gehen gestützt werden muss und beim Wiedersehen mit seinem Bruder im Gerichtssaal feuchte Augen bekommt. Dort der unbeherrschte Rudi R., dem alles egal zu sein scheint. Verteidiger Wagler sagt nach der Verhandlung, die kruden Äußerungen ließen sich wohl nur „durch die angespannte Situation“ erklären.

Der Chef der Augsburger Staatsanwaltschaft, Reinhard Nemetz, kommentiert R.s Äußerungen gelassen. „Das erschüttert mich nicht, vor allem wenn man bedenkt, dass es sich um einen bereits rechtskräftig verurteilten Polizistenmörder handelt.“ Bei dieser Indizienlage gebe es für einen Angeklagten zwei Möglichkeiten: „Schweigen oder, je nachdem, wie man gepolt ist, in Aktionismus verfallen.“

Verfolgungsjagd in einen Wald

Den Beweis, dass es sich bei den beiden Angeklagten um die Polizistenmörder handelt, bleibt auch die Anklageschrift schuldig. Eine halbe Stunde dauert es, bis die zwölf Seiten verlesen sind. Allerdings ist die Staatsanwaltschaft der Meinung, in der Gesamtschau erdrückende Indizien zu präsentieren. In der Tat ergibt sich aus jetziger Sicht ein Mosaik, das beide Männer in einem unguten Licht erscheinen lässt.

Seinen Anfang nahm alles Mitte Oktober 2011, als in Ingolstadt ein Motorrad gestohlen wurde. Die  Honda CB 500 tauchte zwei Wochen später mit gefälschtem Kennzeichen nachts auf einem Parkplatz am Augsburger Kuhsee auf. Die Streifenbeamten Mathias Vieth und seine Kollegin Diana K. wollten das Motorrad und die zwei Personen, die danebenstanden, routinemäßig kontrollieren. Doch diese flüchteten. Es gab eine eineinhalb Kilometer lange Verfolgungsjagd über ein Lechwehr mit Fußgängersteg in einen Wald.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Raimund M. das Motorrad fuhr, Rudi R. als Sozius hinten aufsaß. Auf einem Waldweg stürzten die Motorradfahrer. Die Polizisten hatten zwischendurch den Sichtkontakt verloren, kurz nach dem Sturz kam der Streifenwagen an der Stelle im stockdunklen Wald an. Vieth stoppte das Auto etwa zehn Meter vor dem am Boden liegenden Motorrad und forderte die Flüchtigen mit gezogener Waffe auf, sich hinzulegen. Im Scheinwerferlicht des Streifenwagens brach dann offenbar die Hölle los: Laut Anklage schossen die Männer ohne Vorwarnung auf die beiden Polizisten.

Von sieben Kugeln durchsiebt

Vieth wurde von sieben Kugeln geradezu durchsiebt, angeblich auch, als er schon am Boden lag. Todesursache war wohl ein Schuss durch die Halswirbelsäule, weitere Treffer verursachten schwere innere Verletzungen, die für sich tödlich hätten sein können. Diana K., die hinter Vieth stand, wurde auch getroffen. Sie kam aber mit leichten Verletzungen davon.

Laut Staatsanwaltschaft sollen die Brüder mindestens vier Waffen – zwei Kalaschnikows und zwei Pistolen – dabeigehabt haben. Die Anklagebehörde ist der Meinung, bei späteren Durchsuchungen Teile der Waffen gefunden zu haben. Demnach wurden die Schnellfeuergewehre auseinandergebaut und neu zusammengesetzt. Das Problem: Mit absoluter Sicherheit lässt sich jetzt nicht mehr sagen, ob mit den gefundenen Waffen auf die Polizisten geschossen wurde.

Wer wie geschossen haben soll, ist bisher unklar

Nicht genau rekonstruierbar ist bislang auch, welcher der beiden Männer welche Schüsse abgegeben haben soll – wer von beiden also für den Tod von Mathias Vieth verantwortlich wäre. Die Staatsanwaltschaft geht von einem gemeinschaftlich begangenen Mord aus. Damit müsste nur nachgewiesen werden, dass beide Männer den Vorsatz hatten, die Polizisten zu töten – wer welchen Schuss abgegeben hat, wäre dann nicht mehr so relevant.

Es gibt weitere Indizien, die gegen die Männer sprechen. Auf einer später bei einem Verwandten der Angeklagten gefundenen Tasche fanden sich Blutspuren von Mathias Vieth. Bei den Männern und bei Verwandten wurden ganze Waffenarsenale gefunden. Am Tatort fand sich auf einem Handschuh auch eine DNA-Spur von Raimund M. Auch mit den angeklagten Überfällen sind sie durch einen Waffenfund in Verbindung zu bringen.

Es geht um alles

Eine geschlossene Indizienkette gebe es aber nicht, sagen M.s Verteidiger Adam Ahmed und Werner Ruisinger. „Wir sind zuversichtlich, dass wir auch eine andere Auslegung der Ermittlungsergebnisse präsentieren können“, so Ruisinger. Zudem sei es wohl kaum denkbar, dass M. angesichts seiner Krankheit die Tat hätte ausführen können.

Am Ende kann nur Freispruch oder lebenslang stehen. Gerade für Rudi R. geht es um alles. Wird er zum zweiten Mal als Polizistenmörder verurteilt, dürfte er den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen. Für seinen Bruder Raimund bleibt zumindest ein Hoffnungsschimmer, auch im Falle einer Verurteilung irgendwann freizukommen. Helfen würde dabei ein Geständnis. Doch das wäre Verrat an seinem zornigen Bruder.

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