Falsche Notrufe halten Polizei auf Trab
Immer wieder werden der Polizei per Anruf Notfälle vorgetäuscht. Manchmal gehen die Anrufer selbst aber tatsächlich von einer echten Notsituation aus.
Notfälle vortäuschen, Warnschilder besprayen oder zum Beispiel einen Nothammer in der U-Bahn klauen - weit mehr als 1000 solcher Fälle hat die Polizei im vergangenen Jahr in Bayern nach Paragraf 145 Strafgesetzbuch zur Anzeige gebracht. Dies teilte das Innenministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Im Vergleich zum Vorjahr 2015 stieg die Zahl um 10,7 Prozent auf 1126 Fälle an. Täter können mit Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren oder Geldstrafen belangt werden.
Der Paragraf ist weit gefasst: "Missbrauch von Notrufen und Beeinträchtigung von Unfallverhütungs- und Nothilfemitteln" liegt zum Beispiel vor, wenn Warn- oder Verbotszeichen, Schutzvorrichtungen oder Rettungshilfsmittel entfernt, unkenntlich oder unbrauchbar gemacht werden. Der Schwerpunkt seien aber Fehlalarme in der Öffentlichkeit und Anrufe, bei denen ein Notfall vorgetäuscht werde, berichtet der Nürnberger Polizeisprecher Robert Sandmann über die Arbeit in Mittelfranken.
In München wurden im vergangenen Jahr 141 Fälle nach Paragraf 145 gezählt - gegenüber dem Vorjahr war das ein Anstieg von 34,8 Prozent. Überwiegend wurde dabei eine Straftat oder ein Notfall vorgetäuscht, aber es sind auch Delikte wie eingeschlagene Brandmelder oder entleerte Feuerlöscher enthalten.
Keine typischen Fälle
Bei den vorgetäuschten Notfällen oder Straftaten gebe es den "typischen Fall" nicht, berichtet die Münchner Polizeisprecherin Anna-Katharina Heschl. Die Bandbreite reiche von angeblichen Schlägereien und beobachteten Bränden bis hin zu Bedrohungen mit Schusswaffen. Hintergründe der missbräuchlichen Notrufe seien oftmals Alkohol- und/oder Drogeneinfluss beziehungsweise psychische Störungen der Anrufer.
Anrufe kommen zur Anzeige, wenn ihnen eine böswillige Absicht zugrunde liegt - im Münchner Polizeipräsidium sei das "ein winziger Bruchteil", sagt Pressesprecher Florian Hirschauer. Auch in Unterfranken gab es 2017 bisher nur einen Fall: Im Juli teilte ein 24-Jähriger den Beamten mit, dass Mitspieler ihn beim Gesellschaftsspiel Monopoly "bescheißen" würden.
Immer wieder bekommen es die Einsatzzentralen aber auch mit kuriosen Anrufen zu tun, die nicht strafrechtlich verfolgt werden: Jürgen Stadter, Pressesprecher bei der Polizei Oberfranken, berichtet von einer Seniorin, die ihren Fernseher nicht mehr ausschalten konnte. "Der Dame konnte per Ferndiagnose geholfen werden." In den "allermeisten Fällen müssen wir davon ausgehen, dass für den Anrufer subjektiv eine Notsituation vorliegt", so Stadter. So wohl auch bei folgendem Fall in München: Ein offenbar betrunkener Mann rief die Beamten auf eine Bahnhofstoilette, weil er seine Hose nicht mehr zubekam, wie Polizeisprecherin Heschl berichtet.
Hinter wie vielen Notrufen jedoch insgesamt keine echten Notfälle stecken, ist schwer zu sagen, weil die Zahlen in den befragten Präsidien nicht erfasst werden. "Es gibt Personen, die rufen hier jeden Tag an", sagt der unterfränkische Polizeisprecher Enrico Ball. Diesen Anrufern sei "der Kontakt wichtig".
Unerwünscht sind vermeintlich unbegründete Notrufe aber nicht zwingend. "Die Polizei ist in gewisser Weise auch eine Service-Dienststelle", erklärt Polizeisprecher Peter Merold aus der Oberpfalz. Die Bürger sollten "lieber einmal mehr als einmal zu wenig" anrufen. dpa
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