Junge Frau entführt und in Keller gefoltert - Angeklagte verurteilt
Weil sie eine Affäre mit einem verheirateten Mann hat, wird eine 25-Jährige in Schwabmünchen entführt und misshandelt. Die Strafen für die Angeklagten fallen relativ mild aus.
Als der Vorsitzende Richter Lenart Hoesch das Urteil verkündet, fließen die Tränen. In den ersten Minuten seines Vortrags vermischen sich die Worte des Richters mit dem Schluchzen der Angeklagten. Auch im Zuschauerraum wird geweint. Es ist der Abschluss eines mehrwöchigen Prozesses um eine Racheaktion eines rumänischstämmigen Familienclans. Mehrere Angehörige der Familie haben eine 25-jährige Frau schwer misshandelt, weil sie eine Affäre mit einem verheirateten Mann hatte.
Die junge Frau wurde, das steht für die Jugendkammer des Augsburger Landgerichts fest, förmlich gefoltert. Die Richter halten es für erwiesen, dass die Frau in den Keller eines Hauses in Schwabmünchen (Kreis Augsburg) entführt wurde. Dort wurde sie laut Urteil mit heißem Wasser übergossen, nackt ausgezogen, geschlagen, getreten, beleidigt und mit dem Tod bedroht.
Haupttäterin war laut Urteil die betrogene Ehefrau
Als Haupttäterin fungierte demnach die betrogene Ehefrau. Die 36-Jährige soll auch versucht haben, dem Opfer die Haare abzurasieren und abzuschneiden. Außerdem, so das Urteil, wollte sie das Opfer mit einem Messerschnitt durchs Gesicht – einem sogenannten Hurenhaken – als Ehebrecherin markieren. Die Ehefrau habe der 25-Jährigen auch gesagt, dass eine „Trennung nach Zigeuner-Recht“ nicht möglich sei.
Die Folter in dem Kellerraum endete, weil Zeugen gesehen hatten, wie die junge Frau an jenem Tag im Oktober 2014 in Schwabmünchen von einer größeren Gruppe in ein Auto, Typ BMW X6, gezerrt und weggebracht wurde. Die Zeugen riefen die Polizei. Den Beamten gelang es jedoch erst eineinhalb Stunden nach dem ersten Notruf, in das Wohnhaus einzudringen und das Opfer aus dem Keller zu befreien. Dort gab die 25-Jährige Zeugen zufolge ein jämmerliches Bild ab. Sie hatte Wunden und Flecken am ganzen Körper. Haare waren büschelweise ausgerissen. In ihrem Gesicht war eine neun Zentimeter lange, oberflächliche Wunde – vom linken Auge bis zum Kiefer.
Nachdem die Staatsanwaltschaft anfangs sogar wegen versuchten Mordes ermittelte, sind die Vorwürfe im Urteil nun deutlich nach unten korrigiert worden. Die Verletzungen seien alle nicht lebensbedrohlich gewesen, so Richter Lenart Hoesch. Zudem könne man den Angeklagten eine Tötungsabsicht zumindest nicht nachweisen. Die betrogene Ehefrau als Haupttäterin wurde deshalb zu drei Jahren Haft verurteilt – wegen gefährlicher Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Bedrohung.
Die Täter haben der jungen Frau eine Entschädigung gezahlt
Die Strafe bleibt deutlich unter den von Staatsanwältin Andrea Eisenbarth beantragten viereinhalb Jahren. Die drei weiteren Angeklagten werden ebenfalls milder bestraft, als von der Staatsanwaltschaft gefordert – ein jüngerer Bruder des untreuen Ehemanns zu zwei Jahren und acht Monaten Haft, zwei Frauen aus der Familie zu Bewährungs- und Geldstrafen.
Was das Gericht zugunsten der Angeklagten wertet, sind Entschuldigungen und ein sogenannter Täter-Opfer-Ausgleich. Sie haben der jungen Frau insgesamt 30.000 Euro als Entschädigung bezahlt. Die Frau erklärte inzwischen auch, dass sie kein Interesse mehr daran habe, dass die Angeklagten bestraft werden. Richter Lenart Hoesch kritisiert in seinem Urteil harsch das Verhalten der Verteidiger. Die Anwälte hätten eine „ausgesprochene Konfliktstrategie“ verfolgt. Das Gericht sei aber professionell genug, sich davon nicht provozieren zu lassen.
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