Kommissar Kluftingers Erfolgsgeheimnis
Der sechste Krimi-Band der Allgäuer Autoren Volker Klüpfel und Michael Kobr ist noch nicht erschienen – und schon ein Bestseller
München Man muss nur die schwere Eichenholztüre des Piper Verlages aufdrücken, um ihnen in die Augen zu blicken. Eine erste Gegenüberstellung sozusagen. In Schwarz-Weiß fotografiert, wie all die anderen Autoren auch. Volker Klüpfel und Michael Kobr in bester Gesellschaft. In direkter Nachbarschaft: Hannah Arendt und Hans Küng. Nicht weit entfernt: Karl Jaspers, Brigitte Hamann, Ferdinand von Schirach.
Längst gehören die Allgäuer Krimiautoren zu den Aushängeschildern des Piper Verlages. In wenigen Tagen, am 30. Mai, erscheint ihr sechster Kluftinger-Band „Schutzpatron“, und so geben sie in den Räumen der herrschaftlichen Villa mitten in Schwabing Interview um Interview. 45 Minuten, Frage – Antwort, Frage – Antwort, dann wieder die nächsten 45 Minuten. Klüpfel und Kobr bleiben immer verbindlich, immer professionell, immer witzig. Und wenn es sein muss, liefern sie auch nach 21 Uhr einer Radiomoderatorin noch einen originellen O-Ton. Das Medien-Interesse ist groß, das der Leser ebenfalls. Ein Gradmesser ist die Bestsellerliste des Online-Buchhändlers Amazon, wo der neue Kluftinger durch die Vorbestellungen gestern Verkaufsrang 4 erreicht hat. Seit 132 Tagen befindet sich das noch nicht erschienene Buch unter den Top 100 der in Deutschland meist verkauften Bücher.
Priml, würde der Allgäuer Kommissar dazu sagen. Maximale Bekundung von Freude wäre das für ihn. Wenn Journalisten über Fälle des Kriminalbeamten Kluftinger schreiben, ist häufig vom Allgäuer Kult-Kommissar die Rede. Aber was hat dieser Polizist, was andere nicht haben? „Er ist spießig“, lautet die Erklärung von Volker Klüpfel. Er ist verheiratet, trinkt nicht und ist nicht depressiv, wie die Ermittler vieler anderer Autoren. „Er hat eigentlich nichts.“ Aber aus Gesprächen mit Polizisten wüssten sie, dass Ermittler im wirklichen Leben eigentlich genauso sind. Ohne intaktes Umfeld und geordnete Verhältnisse würden diese den Wahnsinn ihres Alltags gar nicht aushalten können, so Klüpfel.
Vielleicht ist gerade die Normalität Kluftingers das Erfolgsgeheimnis der Autoren. Jedenfalls gewinnen sie samt ihrem Kommissar von Band zu Band mehr Fans – längst über die Allgäuer und bayerischen Grenzen hinaus. Mit ihren Leseshows haben sie sich längst ein zweites Standbein geschaffen. „Es ist jetzt sechs Bücher lang immer bergauf gegangen, es muss irgendwann einmal stagnieren“, sagt Kobr. Das sei ihnen bewusst. Doch danach sieht es vorerst nicht aus. Wurde beim Vorgänger „Rauhnacht“ noch verhalten leise spekuliert, ob er vielleicht mit Platz eins auf der Bestsellerliste einsteigen könnte – er hielt sich dort vier Wochen lang – heißt es diesmal auch: „Wer einmal auf Platz eins war, will auch immer wieder Platz eins erreichen.“ Es ist Zufall, dass in Klüpfels Rücken Reinhold Messners neues Buch „On Top“ im Buchregal steht.
Für ihren Band „Schutzpatron“ sind sie jedenfalls wieder bewusst zu Kluftingers klassischem Umfeld zurückgekehrt, anders als in „Rauhnacht“ – ein an Agatha Christie angelegtes Spiel – ermitteln diesmal wieder alle Kollegen mit. Der Maier, der Strobl und wie sie alle heißen. Kluftinger als Einzelgänger, das hatte zu viele Fans enttäuscht. Dr. Langhammer darf sich ausführlich mit den Absurditäten des modernen Lebens auseinandersetzen. Und der Vorname des Kommissars, der vom ersten Buch an mit A. abgekürzt wird, wird weiterhin nicht verraten.
Rückfällig werden Klüpfel und Kobr dennoch. Auch in „Schutzpatron“ zitieren die Allgäuer Autoren bekannte Krimi-Vorbilder und spielen mit der Umsetzung „ins Allgäuerische“. Diesmal geht es um den ausgefeilten Raub. Ähnlich wie im Film „Ocean’s Eleven“ formiert sich eine kriminelle Truppe, um einen spektakulären Diebstahl unter den Augen der Polizei durchzuziehen. Ihr Anführer nennt sich St. Magnus, nach dem Allgäuer Schutzpatron. „Heilige“ schart er um sich, die ihm dabei helfen sollen, eine kostbare Monstranz aus einer viel beachteten Ausstellung in Altusried zu stehlen.
Wie schreibt man eigentlich zu zweit ein Buch? Das ist die Frage, die Klüpfel und Kobr auch an ihrem Interviewtag am häufigsten gehört haben. Den Handlungsstrang arbeiten sie bis aufs kleinste Detail gemeinsam aus, für die privaten Szenen von Kluftinger und Dr. Langhammer wird viel geflachst. Dann schreibt jeder für sich seine Kapitel, die er seinem Partner später als E-Mail schickt, denn der Lehrer Michael Kobr lebt in Memmingen und Volker Klüpfel, Redakteur unserer Kultur/Journal-Redaktion, in Augsburg. So machen sie es also.
Und wie lange soll es noch so gehen? Grobe Ideen für drei, vier weitere Bücher gebe es bereits. In ihrer neuen Leseshow treiben sie Dr. Langhammer bis zu Band 78.
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