Kripochef aus Kempten wechselt zum G-8-Stab
Im Interview mit der AZ spricht der Kemptener Kripochef Albert Müller über den Drogenfahnder in Untersuchungshaft und seine neue Aufgabe beim G-8-Stab.
Der Kemptener Kripochef Albert Müller wird ab sofort als Führungskraft zum Planungsstab für den G-8-Gipfel auf Schloss Elmau in Oberbayern abgeordnet. Der 55-jährige Kriminaldirektor ist direkter Vorgesetzter des Leiters der Kemptener Drogenfahndung, in dessen Dienstschrank vor rund drei Wochen 1,6 Kilo Kokain entdeckt worden waren.
Der Beamte sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Zum Interims-Nachfolger als Kemptener Kripochef hat das bayerische Innenministerium den 47-jährigen Polizeioberrat Michael Haber ernannt.
Vorbereitung des G-8-Gipfels als Strafversetzung?
Müller soll das Treffen der führenden Regierungschefs im Juni 2015 als ranghöchster Vertreter des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West vorbereiten. Hauptaufgabe soll dabei die Koordination von Sicherheit, Verkehr und Kripoaspekten sein.
Für den G-8-Gipfel wird einer der größten Polizeieinsätze der vergangenen Jahre in Bayern erwartet. Gerechnet wird mit der Präsenz von rund 17000 Polizeibeamten.
Böse Zungen interpretieren diesen Schritt als Strafversetzung. Was ist Ihr Kommentar zur Abordnung an den G-8-Planungsstab?
Diese Einordnung wäre abwegig. Hier kommen vielmehr zwei Dinge zusammen. Zum einen habe ich in der Vergangenheit mehrfach bei Großereignissen wie der Ski-WM in Oberstdorf Stabsverantwortung übernommen. Das ist ein entscheidender Grund für diesen G-8-Einsatz. Zum anderen ist es mein eigener Antrieb, die lückenlose und neutrale Aufklärung des Kokainfundes zu unterstützen und jeden Anschein von Parteilichkeit zu vermeiden. Dazu trägt mein Wechsel sicher ein Stück bei.
Müller hofft auf schnelle Aufklärung
Mit welchem Gefühl treten Sie zurzeit Ihren Dienst bei der Kripo an?
Derzeit erlebe ich persönlich, aber auch die gesamte Allgäuer Polizei ihre schwerste Zeit. Manchmal kommt man sich da vor wie im Film. Ich hoffe jetzt, dass alle Hintergründe schnell aufgeklärt werden und dass unsere gute Arbeit der letzten Jahre nicht durch einen Einzelnen Schaden nimmt. Dazu könnte der Betroffene selbst seinen Beitrag leisten, indem er die Quelle des Kokains offenlegt. Das wäre der größte Gefallen, den er seinen früheren Kollegen tun könnte.
Wie haben Sie den Vorfall erlebt?
Ich wurde nachts um 4 Uhr informiert. Zu diesem Zeitpunkt ging es um schwere häusliche Gewalt und eine Trunkenheitsfahrt. Bereits zu diesem Zeitpunkt haben wir auch die Ermittlungen vorsorglich an das Landeskriminalamt abgegeben.
Hat man aus heutiger Sicht Warnsignale übersehen?
Ich war zuständiger Dienststellenleiter und frage mich das ständig. Es vergeht keine Minute, wo man nicht überlegt: Wo hätte man etwas erkennen müssen? Aber da ist nichts Auffälliges. Auch die Gespräche mit den Kollegen haben nichts in diese Richtung ergeben.
Das Problem ist ja auch: Gelegentlichen Kokainkonsum, der ja offenbar im Raum steht, sieht man keinem an. Und die signifikanten Anzeichen wie etwa Stimmungsschwankungen gibt es nur bei Dauerkonsumenten.
"Gerade Armin N. galt als sehr korrekt"
Hätten Sie diesem Beamten so ein Fehlverhalten zugetraut?
Gerade er galt als sehr korrekt und hat die Kollegen stets zu korrektem Verhalten angehalten.
Was sagen Sie zur Erklärung, das Kokain sei für Schulungen gedacht?
Kokain gibt es für Schulungen eigentlich nur in zwei Varianten. Einmal bei der Diensthundeausbildung. Die läuft aber außerhalb der Kriminalpolizei ab. Außerdem geht es da um minimale Mengen und selbst die werden exakt dokumentiert. Variante zwei ist der Schulungskoffer. Auch da geht es nur um ein bis zwei Gramm, die zudem in Hartplastik eingeschweißt sind.
Ist derzeit bei der Kemptener Polizei überhaupt an Normalität zu denken?
Das ist schwierig, zumal die Kollegen das Ganze jeden Tag auf der Straße ausbaden müssen. Am meisten zu knabbern haben wir alle am massiven Vertrauensbruch, der hinter der Sache steckt.
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