Täter gingen Polizisten offenbar gezielt ans Leben
Die mutmaßlichen Täter des Schusswechsels im Alex München–Kempten waren hochgradig kriminell, gewaltbereit – und gingen den Polizisten im Zug offenbar „gezielt ans Leben“.
Die mutmaßlichen Täter des Schusswechsels im Alex München–Kempten waren hochgradig kriminell, gewaltbereit – und gingen den Polizisten im Zug offenbar „gezielt ans Leben“, wie gestern aus den Reihen der Bundespolizei zu hören war.
Zug-Drama im Allgäu: Mutmaßlichen Täter reagierten "extrem aggressiv"
Der per Haftbefehl gesuchte Russe, 20, und sein Komplize, 44, aus Augsburg, die später beim Sprung aus dem fahrenden Zug in Höhe Günzach schwere bzw. tödliche Verletzungen erlitten, hatten bei einer Routinekontrolle durch zwei Bundespolizisten „aus dem Stand extrem aggressiv reagiert“. Das betont Klaus Papenfuß von der Bundespolizeidirektion München. Ein Beamter bekam mit einer großkalibrigen Schreckschusspistole nicht nur einzelne, sondern eine Vielzahl wuchtiger Schläge auf den Kopf ab.
Danach feuerte das Duo mit einer im Gerangel entwendeten Dienstwaffe eines Beamten auf Oberschenkel und Oberkörper des zweiten Bundespolizisten. Dieser erlitt wohl nur dank schusssicherer Weste keine tödliche Verletzung. Die Beamten hatten laut Papenfuß zuvor Reizstoff eingesetzt – ohne Erfolg.
Für die Bundespolizei gehören Festnahmen zum Alltag. Der Kemptener Fall sei jedoch aufgrund der abrupt aufkeimenden Brutalität extrem. „Die Kollegen sind speziell trainiert“, so Papenfuß weiter. „Auf so einen Fall aber kann man sich nicht gezielt vorbereiten.“
Bundespolizei entschied unter großen Zeitdruck
Für die unter großem Zeitdruck getroffene Entscheidung der Bundespolizei, den Zug nach dem Nothalt bei Günzach bis Kempten weiterfahren zu lassen, sprächen auch aus heutiger Sicht viele Aspekte. Die entscheidenden Fragen lauteten: „Wo ist das Risiko für die Fahrgäste am geringsten und wo ist am schnellsten Hilfe zu erwarten?“
Rätselraten herrscht nach wie vor über das Fahrtziel und das Motiv der mutmaßlichen Täter. Beide waren ohne Gepäck, dafür aber mit täuschend echten Schreckschusswaffen unterwegs. Laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann haben beide Tatverdächtige eine umfangreiche kriminelle Vergangenheit. Räuberischer Diebstahl, Wohnungseinbrüche und Drogendelikte gehören demnach ebenso dazu wie erpresserischer Menschenraub. Der getötete 20-Jährige sollte eine über zweijährige Haftstrafe verbüßen.
Der Minister zollte den Beamten gestern gegenüber unserer Zeitung „großen Respekt“ für deren Courage: Sie hätten trotz ihrer schweren Verletzungen vorbildlich reagiert. „Auch an den Abläufen gibt es nichts zu kritisieren. Dennoch werden wir das Einsatzgeschehen intensiv nachbereiten“, kündigte Herrmann an. Das kurzzeitige Funkloch während des Nothalts bei Günzach sei nicht einsatzrelevant gewesen. „Der aktuelle Vorfall hat gezeigt, wie wichtig die Schleierfahndung in Zügen ist“, so Herrmann.
Die gegenseitige Information soll angesichts der vielen beteiligten Behörden optimiert werden. Gute Dienste könne hier ein Pilotprojekt leisten, bei dem Einsatzmeldungen von der Polizei direkt an die integrierte Leitstelle gehen. Dieses Projekt läuft bereits in ganz Bayern und soll bald auch mit der Bundespolizei vernetzt werden.
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