Und jetzt noch Eurobonds?
Die Rettung des Euro kann nur gelingen, wenn sich Europa zu einem glaubwürdigen Signal seiner Stabilitätsbemühungen aufrafft und das Ende der Schuldenpolitik vertraglich besiegelt.
Wo Rauch ist, da ist erfahrungsgemäß auch Feuer. Allein deshalb wirkt das Dementi der Bundesregierung, es gebe keine Pläne für gemeinsame Staatsanleihen der sechs verbliebenen Euro-Länder mit guter Bonität, nicht überzeugend. Das gilt umso mehr, als die Idee von den Eurobonds als letztem Mittel gegen die Schuldenkrise seit Langem von starken europäischen Kräften – darunter EU-Komissionschef Barroso – vehement verfochten wird.
Weil Eurobonds auf die endgültige Vergemeinschaftung der Staatsschulden Europas hinauslaufen und besonders für Deutschland eine zusätzliche hohe Belastung mit sich bringen würden, hat die Bundesregierung bisher alle Vorstöße in diese Richtung blockiert und ihr Nein zu gemeinsamen Anleihen aller 17 Euro-Länder bekräftigt. Nun sieht es allerdings so aus, als ob sich Berlin unter dem wachsenden Druck der Krise auf die Veränderung dieser Kernposition einließe. Der mögliche Kurswechsel firmiert unter dem Etikett „Elite-Bonds“, das nicht nur freundlicher klingt. Im Gegensatz zu den Eurobonds bliebe die Ausgabe gemeinsamer Staatsanleihen tatsächlich auf jene sechs Staaten beschränkt, die – mit Deutschland und Frankreich an der Spitze – noch das Vertrauen der Geldanleger besitzen und noch in der Lage zu sein scheinen, das zur Rettung der in Misskredit geratenen Staaten nötige frische Geld herbeizuschaffen. Auch erinnern die „Elite-Bonds“ von fern an das alte Konzept von einem „Kerneuropa“, das bei einem abrupten Auseinanderbrechen der Euro-Zone seine Wiederauferstehung feiern könnte.
Aber wer vermag schon die Hand dafür ins Feuer zu legen, dass mit den „Elite-Bonds“ endlich ein Instrument zur Beruhigung der Märkte zur Verfügung stünde und nicht alsbald der Versuch erfolgte, die Europäische Zentralbank (EZB) in eine Gelddruckmaschine umzuwandeln? Was sich hingegen mit Gewissheit sagen lässt, ist, dass die nun ins Spiel gebrachte kleine Eurobonds-Lösung die Tür zu einer Haftungs- und Schuldenunion sperrangelweit aufstoßen und den Einstieg in die große Lösung nach dem Geschmack von Barroso, Sarkozy, Monti & Co. markieren würde. Mit der Folge, dass auch Deutschland über kurz oder lang an die Grenzen des Leistbaren geriete.
Eurobonds und eine EZB, die die Notenpresse anwirft und hemmungslose Staatsfinanzierung um den Preis einer Inflation betreibt: Das sind die Rezepte, die von einer weit überwiegenden Mehrheit der Euro-Retter angepriesen werden. Die Bundeskanzlerin steht im Wort, dagegen weiter Widerstand zu leisten. So „alternativlos“ ist die Rettung der Euro-Zone nicht, als dass diese um jeden Preis geschehen dürfte. Angela Merkel – und mit ihr der Bundestag – haben zugelassen, dass die Geschäftsgrundlage des Euro bereits radikal verändert wurde. Das war insofern gerechtfertigt, als mit dem Euro auch die Zukunft Europas auf dem Spiel steht und Deutschland sich auf Kompromisse einlassen muss. Doch jetzt ist der Punkt erreicht, an dem weitere Zugeständnisse (und Wortbrüche) die Legitimität politischen Handelns nachhaltig erschüttern würden.
Mit immer neuen und größeren, auf Pump finanzierten Rettungsschirmen allein ist das Vertrauen der Anleger in die künftige Zahlungsfähigkeit und Reformbereitschaft der Schuldenstaaten jedenfalls nicht zurückzugewinnen. Die Rettung des Euro kann nur gelingen, wenn sich Europa endlich zu einem glaubwürdigen Signal seiner Stabilitätsbemühungen aufrafft und das Ende der Schuldenpolitik vertraglich besiegelt. Merkels Versuch einer raschen Veränderung der EU-Verträge mitsamt der notwendigen Durchgriffsrechte ist das einzige Mittel, das jetzt noch durchschlagenden Erfolg verspricht.
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