Die Mutter aller Selfies feiert 60. Geburtstag
Die Radarfalle, von Rasern gefürchtet, feiert ihren 60. Sie ist in die Jahre gekommen, doch die meisten ihrer Fotos sind so scharf wie eh und je.
Natürlich ist die Zeit auch an ihr nicht vorbeigegangen. Manche ihrer Töchter, wie die Laserpistole, sind bei der Polizei inzwischen auch sehr beliebt. Aber die Mutter aller Selfies sorgt dafür, dass selbst die dümmsten Machos der Straße verstehen, dass Rasen kein Kavaliersdelikt ist. Ihnen geht dann sozusagen ein Licht auf.
Sie haben es sicherlich schon bemerkt, die Rede ist von der viel diskutierten Radarfalle. Am Samstag wird sie 60. Zwar wurde sie bereits 1956 vorgestellt, erst am 21. Januar des folgenden Jahres aber startete das Innenministerium von Nordrhein-Westfalen den ersten Feldversuch in Deutschland. Nicht viel später wurden vielerorts die ersten fest installierten Radarfallen aufgebaut. Meist aber warteten Zivilfahrzeuge der Polizei mit mobilen Blitzern oft gut versteckt an den Straßenrändern der jungen Republik auf Verkehrssünder.
Die Wut wird des öfteren an der Radarfalle ausgelassen
Seit Radaranlagen Einzug in das Straßenbild in Deutschland hielten, gibt es neben Fotos mit Stinkefingern oder blanken Hintern auch immer wieder Fälle von Zerstörungswut. So etwa, wenn geblitzte Fahrer Filme aus der Kamera herausrissen. Tragischer und krimineller Höhepunkt: Ein Busfahrer, der vor 16 Jahren an der Autobahn 4 bei Kirchheim mit 130 Stundenkilometern in seinem Privatwagen geblitzt wurde, erschoss aus Sorge, er könnte seinen Job verlieren, einen Polizisten. Der Mann ging als „Radarmörder“ in die Geschichte ein und erhielt eine lebenslängliche Freiheitsstrafe.
Andere machen sich den Spaß und wollen die Beamten foppen. In München wurde ein Motorradfahrer 26 Mal in einem Tunnel geblitzt. Er fühlte sich wegen seines nicht zu erkennenden Kennzeichens sicher. Doch Übermut tut selten gut: Die Polizei konnte den Mann bei einer Wiederholungstat schnappen.
Radarfallen als lukrative Einnahmequellen
Das gelingt aber nicht immer, denn auch die Raser haben nachgerüstet. Apps auf dem Handy informieren über Radarfallen. Diese Warnapplikationen sind allerdings verboten. Ob fest installierte oder mobile Radarkontrollen: Auch Bayerns Blitzer sind im digitalen Zeitalter angekommen. Der „Traffistar S 330“ beispielsweise kennt keine Gnade. Wenn einer auf der A 8 am Irschenberg schneller als 100 fährt, schnappt die Radarfalle zu – 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Im Schnitt macht sie täglich 200 Blitzerfotos.
Weil „überhöhte Geschwindigkeit trotzdem eine der Hauptursachen für tödliche Unfälle ist, nährt dies bei Verkehrsexperten den Verdacht, dass die Strafen zu niedrig sind. 2016 machte Niedersachsen sogar einen Vorstoß, Tempoüberschreitungen von 20 Stundenkilometer und mehr mit 1000 Euro zu bestrafen. Das Geschäft mit der Raserei ist auch bei den aktuellen Bußgeldern schon lukrativ: Die Stadt München beispielsweise konnte mit einer einzigen Radarfalle innerhalb eines Jahres über 85000 Geschwindigkeitsübertretungen bei 1,7 Millionen am Gerät vorbeifahrenden Fahrzeugen feststellen. Die Einnahmen beliefen sich auf fünf bis zehn Millionen Euro.
Die Diskussion ist geschlossen.