Urteil gegen mutmaßliche Netzbetrüger steht bevor
Drei Mitglieder der sogenannten Fakeshop Bande wurden bereits wegen Internetbetrugs verurteilt. In der kommenden Woche wird das Urteil gegen den Kopf der Bande erwartet.
Geradezu massenhaft fallen arglose Käufer auf die Internet-Angebote von Kriminellen herein: Sie bestellen Laptops oder sogar Goldbarren, doch die Ware sehen sie nie - weil es sie gar nicht gibt.
Anderthalb Jahre lang waren Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt (LKA) einer Bande von Internetbetrügern auf den Fersen - im Mai 2011 gelang ihnen der große Schlag. Bundesweit durchsuchten mehr als 170 Polizisten rund 30 Wohnungen und Büros. Es gab mehrere Festnahmen. Vor gut zwei Monaten begann vorm Augsburger Landgericht der Prozess gegen vier mutmaßliche Mitglieder der "Fakeshop-Bande".
Drei von ihnen wurden bereits verurteilt. Ein 23-Jähriger, der Drahtzieher gewesen sein soll, steht noch vor Gericht. Plädoyers und Urteil in seinem Prozess gibt es voraussichtlich am Dienstag (21. August) - sofern nicht weitere Beweisanträge kommen.
190 falsche Onlineshops
Die Staatsanwaltschaft wirft der Bande vor, zu Betrugszwecken rund 190 Online-Shops eingerichtet zu haben. Über mehrere Jahre soll sie gegen Vorkasse Waren wie Notebooks, Haushaltsgeräte, Werkzeug oder sogar Goldbarren im Wert von mehr als 1,1 Millionen Euro verkauft haben - ohne die Artikel jemals zu liefern. Es geht um rund 2050 Fälle. Das Geld wurde den Angaben zufolge mit Hilfe sogenannter Finanzagenten beschafft, die ihre Konten zur Verfügung stellten.
Die Betrüger sollen auch Bankkunden ihre Kontodaten samt Pin entlockt haben - in 117 Fällen sollen dabei insgesamt mehr als 200 000 Euro abgebucht worden sein. Die Anklage lautet unter anderem auf banden- und gewerbsmäßigen Betrug, Datenfälschung und Ausspähung von Daten.
Nördlinger Firma brachte Ermittler auf die Spur der Bande
Auf die Spur der Bande brachte die Ermittler im September 2009 der Mitinhaber eines Elektro-Unternehmens im schwäbischen Nördlingen. Bei ihm waren mehrere Anfragen von frustrierten Käufern eingegangen, die auf einer Internetseite Waren bestellt und bezahlt, aber nicht bekommen hatten. Das Impressum der Seite verwies - leicht verändert - auf die Daten der Nördlinger Firma, die allerdings nach LKA-Angaben ahnungslos war. Genau das soll die Masche der Betrüger gewesen sein: Internetseiten mit den Daten real existierender Unternehmen fälschen, die von dem Online-Angebot gar nichts wussten.
Zahlreiche Strafanzeigen von Geschädigten machten deutlich: Hier war eine Bande am Werk. Staatsanwaltschaft und LKA ermittelten unter dem Decknamen "Bazar". "Dieses Verfahren ist in Bezug auf die Enttarnung von Internettätern und in seiner Dimension bisher einzigartig", sagte LKA-Präsident Peter Dathe nach der erfolgreichen Razzia im Mai 2011. Die Leiterin des LKA-Sachgebiets Wirtschaftsdelikte, Sabine Nagel, sprach von "perfiden Methoden". Durchsuchungen gab es laut LKA in Berlin, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen.
Der mutmaßliche Kopf der Bande wirkt jung und kindlich
Der Schwerpunkt der Bande soll in Nordrhein-Westfalen gelegen haben - auch die drei bereits Verurteilten und der Hauptangeklagte kommen von dort. Der 23-Jährige aus Essen wirkt im Verfahren jung und kindlich, immer wieder schaut er zu seiner Familie, winkt und schneidet Grimassen. Der Vorsitzende Richter fragt die 30 und 36 Jahre alten Mitangeklagten, wie es denn sein könne, dass sie von dem weit jüngeren Mann Aufträge bekommen hätten. Die Antwort: Er habe immer älter und erwachsener gewirkt, als er tatsächlich gewesen sei.
Der Drahtzieher könnte bis zu zehn Jahre Haft bekommen
Zuletzt stellte der 23-Jährige vor Gericht mehrere Beweisanträge. Auch Dienstag könnte er das wieder tun - dann verzögern sich die Plädoyers möglicherweise weiter. Das Strafgesetzbuch sieht für gewerbs- und bandenmäßigen Betrug Freiheitsstrafen zwischen einem und zehn Jahren vor. Die Verfahren gegen die drei anderen Angeklagten waren zuvor abgetrennt worden. Der 30-Jährige aus Lüdenscheid wurde wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs und Computerbetrugs zu vier Jahren Haft verurteilt. Er hatte zugegeben, für erstellte Online-Shops rund 40 000 Euro und ein teures Auto bekommen zu haben.
Der 36-Jährige aus Bergisch Gladbach bekam zwei Jahre Haft auf Bewährung. Auch er hatte zugegeben, für die Bande Internet-Shops eingerichtet zu haben. Das gezahlte Geld habe ihn blind gemacht. "Es war wie eine Art Droge." Endlich habe er seine Schulden zurückzahlen und sich größere Anschaffungen leisten können. Das Geld habe er mal von dem 23-Jährigen bekommen, mal sei es für ihn irgendwo versteckt gewesen. Eine 30-Jährige aus Steinheim wurde zu einer anderthalbjährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Sie habe Online-Shops gestaltet und Daten eingepflegt - obwohl ihr am Ende klar gewesen sei, dass gar keine Waren ausgeliefert würden, gestand sie. dpa
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