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Nachruf
01.02.2015

Richard von Weizsäcker: Für immer Präsident

Der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker ist im Alter von 94 Jahren gestorben.
Foto: Jan Woitas, dpa

Richard von Weizsäcker hat die Deutschen fasziniert wie kaum ein anderer Politiker. Der Welt bleibt er in Erinnerung als ein Mann, der gut war für dieses Land.

Für die meisten Deutschen hätte er sein Leben lang Bundespräsident bleiben können. Richard von Weizsäcker war ein Jahrhundertpolitiker. Nicht nur, weil er mehr als 94 Jahre gelebt und erlebt hat. Er ist der Maßstab für alle, die nach ihm kommen. Ein Staatsmann, der für dieses Land und seine Menschen ein neues Kapitel aufgeschlagen hat. Nicht als umjubelter Volkstribun, dem die Herzen zufliegen. Sondern eher als eine Art Ersatz-Monarch, zu dem die Bürger aufschauen.

Wer verstehen will, wie der Sohn einer Adelsfamilie Deutschland für immer verändert hat, kommt nicht am 8. Mai 1985 vorbei. Es ist der Tag, an dem Richard von Weizsäcker die Nachkriegszeit beendet. Keine zwölf Monate ist er damals Bundespräsident. Erst im zweiten Anlauf hatte er es in das Amt geschafft. Nun ist er das Staatsoberhaupt eines Volkes, das noch immer nicht weiß, wie es mit dem furchtbaren Erbe der Nazi-Diktatur umgehen soll.

40 Jahre sind seit Kriegsende vergangen. Die Zeit des Verdrängens ist vorbei. Dafür haben die 68er gesorgt. Doch was nun? Die Deutschen suchen ihre Rolle. Und von Weizsäcker findet den richtigen Ton. Er war dabei, als die Wehrmacht in Polen einmarschierte. Er erlebte, wie sein geliebter Bruder am zweiten Tag des Krieges starb. Er pflegte Kontakt mit Widerstandskämpfern und verteidigte später als Jurastudent seinen Vater in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen.

Und nun steht er am blumengeschmückten Pult des Bundestags und sagt jene Worte, die bleiben werden: „Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“ Die Welt hört zu. Und noch wichtiger: Die Welt glaubt ihm.

Richard von Weizsäcker spricht von der Befreiung

Nach all den Jahren spricht erstmals ein deutsches Staatsoberhaupt nicht mehr von einer Niederlage, vom Untergang oder von der Stunde null. Nein, dieser Mann spricht von Befreiung. Er sucht die Schuld an der schmerzhaften Teilung des Landes nicht darin, dass die Deutschen den Krieg verloren haben, sondern darin, dass sie ihn begonnen hatten. Die Rede wird in 24 Sprachen übersetzt. Millionen lassen sich den Text nach Hause schicken.

Es ist ein Neuanfang. Für dieses Land. Aber auch für dessen Bürger. Vor allem für jene, die zu jung sind, um zu wissen, wie es war, Hitlers Krieg erlebt und überlebt zu haben. Für jene, die sich fragen, wie das alles passieren konnte und wer Schuld daran hat. „Die Jungen sind nicht verantwortlich für das, was damals geschah. Aber sie sind verantwortlich für das, was in der Geschichte daraus wird“, sagt von Weizsäcker. Obwohl er selbst am Tag seiner größten Rede schon 65 Jahre alt ist, beschreibt er damit irgendwie auch seine eigene Mission.

Was heute als Konsens gilt, ist damals für manchen Konservativen noch ein Affront. Doch Richard von Weizsäcker empfindet es als die Pflicht seiner Generation, die Republik mit ihren Nachbarn zu versöhnen. „Es ging darum, zu vermitteln, dass wir Deutschen verstanden haben“, sagt er später einmal.

Im Juli 1984 leistete Richard von Weizsäcker seinen Eid als Bundespräsident.
17 Bilder
Das war Richard von Weizsäcker
Foto: Egon Steiner (dpa)

In seinen zehn Jahren an der Spitze des Staates ist der Aristokrat, der zwar in Stuttgart zur Welt kommt, in seinem Auftreten, seinem Pflichtbewusstsein und seiner Disziplin aber ganz und gar preußisch wirkt, Motor dieser Versöhnung. Für viele ist der vornehme Feingeist mit dem gescheitelten weißen Haar die Idealbesetzung für das Amt. In seiner Erscheinung, aber auch in der Art, Politik zu machen, ist er der Gegenentwurf zum damaligen Kanzler. Auf der einen Seite der impulsive Machtmensch Helmut Kohl aus der Provinz, der in Hinterzimmern die Strippen zieht, rhetorisch aber limitiert bleibt.

Und auf der anderen der eloquente Diplomat Richard von Weizsäcker, Präsident des Evangelischen Kirchentages, ein Mann von Welt, der mehrere Sprachen beherrscht. Beide sind Mitglied der CDU. Weizsäcker ist eine Entdeckung Kohls, der ihn fördert – und dafür ewige Gefolgschaft erwartet. Doch ein solches Verständnis von Loyalität ist dem unabhängigen Denker fremd. Er geht auf Distanz. Kohl verzeiht ihm das nie. Später wird er spotten, von Weizsäcker habe sich immer für den „Klügsten, Besten und Allermoralischsten“ gehalten. In Kohls Worten liegt Bitterkeit, aber auch Neid.

Richard von Weizsäcker prägt die Bonner Republik

Die beiden so unterschiedlichen Männer prägen die Bonner Republik der 80er und frühen 90er Jahre. Gemeinsam legen sie eine lange Wegstrecke zurück. Sie gehen eher nebeneinander als miteinander. Und doch ergänzen sie sich. Oder gerade deshalb. Der eine für die Macht. Der andere für die Moral.

Ihre größte gemeinsame Stunde erleben sie 1989. Mit dem Mauerfall wird Helmut Kohl zum „Kanzler der Einheit“. Als er ins Volk winkt, steht Weizsäcker in der zweiten Reihe. Dabei ist es nicht nur das Gespür des Kanzlers für die historische Chance, das aus zwei deutschen Staaten einen werden lässt. Denn als Amerikaner, Russen, Franzosen und Briten über die Wiedervereinigung diskutieren, steht eine Frage über allen anderen: Müssen wir vor einem großen, starken Deutschland Angst haben?

Bei der Berliner Feier am 3. Oktober 1990: Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und Bundespräsident Richard von Weizsäcker.
Foto: Wolfgang Kumm, dpa

Dass George Bush senior, Michail Gorbatschow, François Mitterrand und – nach zähem Widerstand – auch Margaret Thatcher diese Frage mit Nein beantworten, hat viel mit jener Rede vom 8. Mai 1985 zu tun. Für das Ansehen der Deutschen in der Welt haben Weizsäckers Worte mehr getan als viele Staatsbesuche zusammen. Eine vergleichbare Wirkung hatte nur der Kniefall des Kanzlers Willy Brandt vor den Opfern des Warschauer Gettos 1970.

Kohl schießt mit der Einheit das große Tor. Doch die Vorarbeit leistet auch von Weizsäcker. Er empfindet das Ende des Kalten Krieges als das Wunder seines Lebens. Ein paar Jahre ist es erst her, dass er als Regierender Bürgermeister von Westberlin an der Mauer stand. Nun ist die Teilung überwunden. Am Tag der Wiedervereinigung ist Richard Karl Freiherr von Weizsäcker 70 Jahre alt – und der erste Bundespräsident aller Deutschen.

Er hat sein Ziel erreicht. Europa hat seinen Frieden mit den Deutschen gemacht. Doch es ist kein Moment des Triumphes für ihn. Eher ein Augenblick der Nachdenklichkeit. Mit Kohls Pathos kann er nichts anfangen. Wie so oft denkt der Historiker einen Schritt weiter. Als die Menschen in Ost und West in schwarz-rot-goldener Glückseligkeit versinken, tritt er auf die Bremse und appelliert an die neue Verantwortung des Landes: „Wir wollen in einem vereinten Europa dem Frieden in der Welt dienen“, sagt von Weizsäcker. Ein Satz voller Demut. Und ein Signal an all jene, die den Deutschen noch immer nicht über den Weg trauen.

Richard von Weizsäcker bleibt auch als Ex-Bundespräsident ein politischer Mensch

1994 endet die zweite Amtszeit des beliebtesten Bundespräsidenten aller Zeiten. Im Empfinden vieler Deutscher ist er seitdem nicht gealtert. Er bleibt nicht nur geistig wach, sondern auch körperlich fit. Mit über 80 macht er noch das Sportabzeichen, schwimmt regelmäßig, und als ihm das Skifahren zu riskant wird, geht er eben Langlaufen. Er reist viel und hat mehr Zeit für die Familie. Die Ehe mit seiner Frau Marianne hält bis zu seinem Tod – mehr als sechs Jahrzehnte. Zusammen haben sie eine Tochter und drei Söhne. Als einer von ihnen 2008 stirbt, bricht für den Vater eine Welt zusammen. Nur langsam erholt er sich von diesem Schicksalsschlag. In die Öffentlichkeit zieht es von Weizsäcker am Ende nicht mehr. Doch er bleibt ein politischer Mensch. Und er meldet sich zu Wort – wenn er gefragt wird.

Für eine Dokumentation zu seinem 90. Geburtstag begleitet ihn die Moderatorin Sandra Maischberger zwei Jahre lang. Der Film zeigt ihn als humorvollen, geistreichen Menschen, der mit sich im Reinen ist und sich selbst trotzdem nicht zu wichtig nimmt. Als Berufsbezeichnung gibt er jetzt „Zeitzeuge“ an. Und diesen Beruf nimmt er ernst. Er mag es nicht, wenn Journalisten oder Historiker die Dinge zu stark vereinfachen. Dann reagiert er auch mal schroff. „Wir Zeitzeugen haben immer damit zu kämpfen, dass die jüngeren Leute, die unsere Zeit erforschen, uns mitteilen, was wirklich war“, sagt er einmal ironisch in einem Interview. Das klingt nach Helmut Schmidt, dem anderen großen politischen Gedächtnis der Republik. Sicher war es kein Zufall, dass sich die beiden auf der Zielgeraden ihres Lebens gut verstanden.

Richard von Weizsäcker hat die Deutschen fasziniert wie kaum ein anderer Politiker. Wie das Leben der meisten Menschen bleibt auch seines nicht ohne Widersprüche. Wenn er etwa die machtgierigen Parteien kritisiert, obwohl er doch selbst mit aller Macht nach Ämtern gestrebt und dank seiner Partei Karriere gemacht hat. Kritiker bezeichnen ihn als Moralapostel. Doch das ändert nichts daran, dass die Menschen stolz sind auf diesen Mann. Auch wenn er selbst das Wort Stolz nicht besonders mochte.

Die Welt wird ihn in Erinnerung behalten als einen Staatsmann mit Haltung, der gut war für dieses Land und zur richtigen Zeit die richtigen Worte gefunden hat.

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