Jean-Claude Juncker stellt seine Mannschaft auf
Jean-Claude Juncker krempelt die EU-Kommission komplett um. Auch einige Deutsche spielen dabei eine wichtige Rolle – auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht.
Die Mannschaft steht. Nach monatelangem Hin und Her, nach Diskussionen, Eifersüchteleien und verletzten Eitelkeiten hat der neue Chef der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, gestern sein Team vorgestellt. Und das hat es in sich.
„Ich wünsche mir eine Europäische Union, die in großen Fragen Größe und Ehrgeiz zeigt und sich in kleinen Fragen durch Zurückhaltung und Bescheidenheit auszeichnet“, sagt der 59-jährige Luxemburger. Was er dann vorführt, kommt einer mittleren Revolution gleich. Juncker hat die bisherigen Ressorts nahezu vollständig neu zugeschnitten. Um „Schubladendenken aufzubrechen“, wie er selbst sagt.
Juncker gibt ein neues Ziel vor
Künftig werden sieben Vize-Präsidenten sogenannte „Projektteams“ leiten, die beispielsweise für Klimaschutz und Energie, Wirtschaft oder Euro und Soziales zuständig sind. Ihnen sind einzelne Fach-Kommissare unterstellt, die zuarbeiten, bis am Ende alles zusammengeführt wird. Was auf die Tagesordnung des Kollegiums kommt, bestimmt der zuständige Kommissions-Vize. „Das ist die Struktur eines Regierungsapparates“, sagt der Chef der CDU-Abgeordneten im Europäischen Parlament, Herbert Reul.
„Ich bin sicher, dass das ein Superteam ist“, betont Juncker. Dafür krempelte er die bisherige Mannschaftsordnung, in der alle Kommissare gleichberechtigt waren, nicht nur völlig um, sondern richtete die Arbeitsbereiche auch auf ein Ziel hin aus: Die Länder der Europäischen Union sollen wirtschaftlich gefördert, innovativer und stabiler werden. „Das ist eine Wirtschaftsregierung“, heißt es dann auch von verschiedenen Seiten in Brüssel.
Im Machtzentrum stehen Deutsche
Die Benennung des britischen EU-Kritikers Jonathan Hill zum Mann für die Bankenunion hat allerdings eine Menge Kritik provoziert. Rebecca Harms, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament, spricht offen davon, dass Juncker damit „den Bock zum Gärtner“ mache. Schließlich hatte London sich stets gegen die Vergemeinschaftung gewehrt, um die sich der Brite nun kümmern soll.
Auch wenn der deutsche Günther Oettinger kein „Superkommissar“ geworden ist, kann die Bundesrepublik zufrieden sein. Im Machtzentrum der Union stehen deutsche Vertreter mit am Steuer. Sie arbeiten nicht in der ersten Reihe und doch haben sie viel Einfluss. Ein Beispiel ist der 43-jährige Jurist Martin Selmayr, der lange als Sprecher der ehemaligen Justizkommissarin Viviane Reding tätig war.
Er managt das neue Kabinett Juncker. Generalsekretär des Europäischen Rates der Staats- und Regierungschef ist der 54-jährige ehemalige Merkel-Berater Uwe Corsepius. Und an der Spitze des Europäischen Parlamentes steht weiter der 58-jährige Martin Schulz als Präsident. Auch die Führung des 700 Milliarden Euro schweren Euro-Rettungsschirms ESM bleibt fest in der Hand des Deutschen Klaus Regling.
"Das ist meine Siegesmannschaft"
Juncker selbst sieht seine Rolle übrigens eher zurückhaltend, nennt sich „den großen Koordinator der etwas weniger großen Koordinatoren“ und er fügt in der ihm eigenen verschmitzten Art noch hinzu: „Ich will in höherem Alter keine Karriere als Diktator beginnen.“ Und noch eins betont der neue Chef: Die Kommissare sollen keine Befehlsempfänger der jeweiligen Regierungen ihrer Heimat sein. „Das ist meine Siegesmannschaft“, sagt Juncker. Dafür habe er „Tag und Nacht geplant und gearbeitet“.
Bevor es losgeht, müssen Junckers Kandidaten aber noch dem Europaparlament Rede und Antwort stehen. Die Anhörungen sollen in der letzten Septemberwoche beginnen. Die Abgeordneten prüfen dabei die Kompetenz der Anwärter für ihre jeweiligen Aufgaben.
Die Zustimmung der Abgeordneten ist Voraussetzung dafür, das Junckers Mannschaft im November ihren Dienst antreten kann. Juncker selbst hat das Prozedere schon hinter sich. Er wurde vom Europaparlament bereits Mitte Juli mit deutlicher Mehrheit als neuer Kommissions-Chef bestätigt.
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