Junge Soldatin in Kaserne vergewaltigt: Verdächtiger wieder frei
In Niedersachsen ist eine junge Soldatin in ihrer Kaserne vergewaltigt worden. Ein vorübergehend festgenommener Verdächtiger ist inzwischen wieder auf freiem Fuß.
An Sonntagabenden ist in Kasernen nicht viel los. Die meisten Kameraden sind noch im Wochenende und rücken erst später ein. Der Täter von Bückeburg muss das gewusst haben. Am Sonntagabend zwischen 18.30 und 19.30 Uhr griff er in der Jägerkaserne in dem niedersächsischen Ort eine junge Unteroffizierin an und vergewaltigte sie.
Die Polizei versuchte möglichst rasch, den in der Kaserne befindlichen Personenkreis zu ermitteln. Denn eine der entscheidenden Fragen ist: Stammt der Täter aus den Reihen der Kameraden oder hat sich ein fremder Sexualverbrecher eingeschlichen?
Am Freitagmorgen wurde zwar bekannt, dass die Polizei einen Verdächtigen festgenommen hat. Der Mann sei jedoch wieder freigelassen worden, sagte ein Polizeisprecher in Bückeburg. Laut einem Bericht der Schaumburg-Lippischen Landes-Zeitung handelte es dabei um einen Zivilangestellten. Der Polizeisprecher äußerte sich dazu nicht.
Geknebelt und gefesselt
Die Frau soll geknebelt und gefesselt worden und vom Täter in einen Spind eingesperrt worden sein. Wie die Soldatin entdeckt und befreit werden konnte, ist bisher nicht bekannt gegeben worden. Angeblich soll der Vergewaltiger ihr ein Handy mit in den Spind gelegt haben, damit die Soldatin um Hilfe rufen kann. Ob ihr das angesichts der Fesselung gelang, ist unklar.
Klar ist aber: Sofort nach Entdeckung des Verbrechens wurde die Jägerkaserne abgeriegelt. Auf dem Gelände befindet sich eine Heeresfliegerwaffenschule. In der Kaserne sind, je nach Stärke der Lehrgänge, bis zu 500 Soldaten stationiert, darunter nur wenige Frauen. Die Jägerkaserne liegt in der Innenstadt von Bückeburg, genau gegenüber des Polizeikommissariats. Als die Soldaten am Sonntagabend in die Kaserne zurückkehren wollten, gab es Warteschlangen vor dem Tor.
Hat sich ein Fremder Zutritt auf das Militärgelände verschafft?
Oberstaatsanwalt Klaus Jochen Schmidt sagt: „Es ist nicht auszuschließen, dass jemand von außerhalb unbefugt das Kasernengelände betreten konnte. Aufschluss darüber könnten Kameras an der Ein- und Ausfahrt geben. Am Tor gibt es auch eine elektrische Zufahrtskontrolle. Ob diese Hilfsmittel bereits ausgewertet wurden oder noch ausgewertet werden, dazu wollte sich Oberstaatsanwalt Schmidt nicht äußern. „Aus ermittlungstaktischen Gründen muss ich sehr vorsichtig sein“, erklärt er.
Überhaupt gibt es von offizieller Seite über diesen gravierenden Vorfall bei der Bundeswehr keine genaueren Informationen. Bisher ist noch nicht einmal bekannt, wie alt die Soldatin ist. Oberstleutnant Andreas Kühn vom Heeresamt in Köln sagt nur, dass sie psychologisch betreut wird.
Mehrere Staatsanwälte und eine Ermittlungsgruppe der Polizei suchen nach dem Täter, berichtet Oberstaatsanwalt Schmidt. Auch die Feldjäger, die Militärpolizisten der Bundeswehr, ermitteln. Die Vergewaltigung soll sich nach Informationen der Schaumburg-Lippischen Landeszeitung im Block A der Kaserne ereignet haben, wo die Offiziers- und Unteroffiziersanwärter ausgebildet werden. Die Heeresfliegerwaffenschule in Bückeburg gilt als eine der modernsten Hubschrauberschulen Europas.
Experte: Sexuelle Übergriffe in der Truppe keine Einzelfälle
Auch der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus ist von dem Vorfall unterrichtet worden. Ob es eine weitere Überprüfung gibt, sei aber noch unklar, sagt sein Sprecher Sebastian Hille. Glücklicherweise seien solche Fälle absolute Einzelfälle. Dem widerspricht der wissenschaftliche Direktor am Sozialwissenschaftlichen Institut der Bundeswehr, Gerhard Kümmel. „In unserer Erhebung von 2008 haben fünf Prozent der Soldatinnen einen versuchten oder tatsächlichen sexuellen Gewaltakt gemeldet“, sagte Kümmel der taz. Er erforscht die Öffnung der Bundeswehr für Frauen. (mit dpa)
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