Kein Termin – und kein Geld
Ob der neue Großflughafen im März 2013 eröffnen kann, ist noch unklar. Sicher ist nur eines: Für den Steuerzahler wird das Prestigeprojekt ein finanzielles Fiasko.
Berlin Berlins neuer Flughafen sollte der Hauptstadt zu Wachstum und Wohlstand verhelfen – nun wird er zum finanziellen Fiasko. Wie erst jetzt bekannt wurde, ist die Betreibergesellschaft offenbar so klamm, dass sie von den Banken inzwischen keine Kredite mehr bekommt. Um eine Insolvenz zu verhindern, müssen der Bund und die beiden Länder Berlin und Brandenburg nun noch einmal Geld nachschießen – und das nicht zu knapp. Unterm Strich dürfte der Flughafen mindestens 1,17 Milliarden Euro teurer werden.
Bekannt wurde das Dilemma, wie so häufig in Berlin und Potsdam, auf Umwegen. Auf eine entsprechende Anfrage eines CDU-Landtagsabgeordneten entgegnete das brandenburgische Finanzministerium in dieser Woche kryptisch, die Flughafengesellschaft FBB sei „in der gegebenen Ertrags- und Kostenstruktur nicht in der Lage, zusätzliche Kredite aufzunehmen und zu bedienen.“ Angeblich reichen ihre Mittel nur noch bis Ende des Jahres, wenn überhaupt. Eröffnet aber wird der Flughafen frühestens im März 2013.
Wie die drohende Insolvenz vermieden werden kann, ist noch unklar. „Der Flughafen ist finanziert, bleibt finanziert und wird am Ende ein Erfolg werden“, sagt Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck lediglich. Ob die Gesellschafter Bund, Berlin und Brandenburg Bürgschaften übernehmen, ob sie der FBB selbst Darlehen gewähren oder ihre Einlage von 430 Millionen Euro noch einmal aufstocken, soll bei einer Aufsichtsratssitzung am kommenden Donnerstag entschieden werden. Größtes Problem dabei: Weitere Staatshilfen muss die EU-Kommission genehmigen.
Auch ein neuer Termin für die Inbetriebnahme steht nach der spektakulären Absage der schon für Anfang Juni geplanten Eröffnungsfeier noch nicht fest. Dem Vernehmen nach bekommen die Ingenieure die Probleme beim Brandschutz zwar allmählich in Griff. Einen Beschluss über einen neuen Starttermin wollen die Aufsichtsräte aber frühestens im September fassen.
Welche Dimensionen das Flughafendebakel angenommen hat, zeigt ein interner Bericht der Betreibergesellschaft. Danach kostet die Flughafengesellschaft alleine das Verschieben der Eröffnung rund 588 Millionen Euro, weil die Baukosten deutlich gestiegen sind, weil dem Betreiber Einnahmen aus dem Vermieten von Ladenflächen entgehen und Fluggesellschaften wie Händler mit Schadenersatzforderungen drohen. Dazu kommen noch einmal 591 Millionen Euro an zusätzlichen Ausgaben, weil die Flughafenmanager den Widerstand der Anwohner unterschätzt haben und vom zuständigen Oberlandesgericht zu verschärften Schallschutzmaßnahmen verdonnert worden sind. Alles in allem wird der neue Airport Berlin Brandenburg International, kurz BER genannt, damit statt 3,1 Milliarden knapp 4,3 Milliarden Euro kosten.
Flughafensprecher Ralf Kunkel findet die Berichte über einen akuten Liquiditätsengpass zwar etwas „überspitzt“ formuliert. Indirekt allerdings räumt auch er ein, dass es Probleme gibt: „Wir arbeiten gemeinsam mit den Gesellschaftern derzeit sehr intensiv am Finanzierungsthema.“ Ein besonders schwer zu kalkulierender Posten sind dabei die zahlreichen Schadenersatzforderungen, die auf die Flughafengesellschaft noch zukommen können. Air Berlin zum Beispiel wollte ab Juni ein neues Drehkreuz in Berlin einrichten und wird nun versuchen, sich die entgangenen Einnahmen von der FBB zurückzuholen. Insgesamt hat die unter der Rubrik „Risikovorsorge“ rund 192 Millionen Euro an solchen außerplanmäßigen Kosten eingeplant. Air-Berlin-Chef Hartmut Mehdorn allerdings hält diese Kalkulation für etwas weltfremd: „Ich bin ziemlich sicher: Das reicht bei Weitem nicht.“
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