Klimagipfel im Schatten des Terrors
Ab Montag beraten 40000 Teilnehmer in Paris-Le Bourget über eine Begrenzung der globalen Erwärmung. Die großen Demonstrationen wurden abgesagt.
Es sollte das große Ereignis für Frankreich werden. Seit Jahren wurde darauf hingearbeitet. Auf der UN-Klimakonferenz in Paris will das Gastgeberland erreichen, dass eine „historische Einigung“ gelingt. Die 195 UN-Mitgliedstaaten sollen sich über eine Begrenzung der Erderwärmung verständigen. Erreicht werden soll dies durch die Reduzierung der klimaschädlichen Treibhausgase. Einen neuen Weltklimavertrag, der ab 2020 gelten soll, sähe Paris auch als seinen Sieg an.
Sicher ist der Erfolg aber nicht. Die Vorverhandlungen gestalten sich zäh. Aber man bleibe optimistisch, verlautet es aus diplomatischen Kreisen. Seit Monaten widmet sich Präsident François Hollande dem Thema und wird nicht müde darauf hinzuweisen, dass „die Zukunft des Planeten auf dem Spiel“ stehe. Am Montag beginnt der Gipfel.
Verstärkte Sicherheitsmaßnahmen bei der UN-Klimakonferenz
Die islamistischen Attentate vom 13. November in Paris werfen dunkle Schatten auf die Veranstaltung, zu der mehr als 40000 Teilnehmer erwartet werden. Nicht nur richtet sich die internationale Aufmerksamkeit auf die akute Terrorgefahr und die Maßnahmen, die dagegen getroffen werden. Sondern die ständige Bedrohung macht auch verstärkte Sicherheitsmaßnahmen rund um das zwei Wochen dauernde Event notwendig – und dessen Verkleinerung. Auf die Gefahr hin, die Bevölkerung außen vor zu lassen.
Der Furcht vieler Umwelt-Aktivisten und Organisationen, der Gipfel könne im aktuellen angespannten Kontext ganz abgesagt werden, trat die französische Regierung zwar schnell entgegen. „Mehr denn je“ sei die Ausrichtung der 21. Vertragsstaatenkonferenz (COP21) notwendig, erklärte Umweltministerin Ségolène Royal: „Sonst würde man den Terrorismus siegen lassen.“ Auch Präsident François Hollande hat erklärt, er sehe dies als einen „Moment der Hoffnung und Solidarität“, um der Angst nicht zu weichen. „Wir müssen weitermachen, weiter arbeiten, weiter ausgehen, weiter leben, weiter die Welt beeinflussen“, mahnte er.
Keiner der erwarteten 130 Staats- und Regierungschefs sagte bislang seine Teilnahme ab. Und doch haben sich die Vorzeichen geändert, nun da in Frankreich ein drei Monate andauernder Ausnahmezustand herrscht, weiterhin nach Mittätern der Anschläge gefahndet wird und Premierminister Manuel Valls sogar vor der Gefahr chemischer und bakteriologischer Waffen warnt. Mit der zeitlich begrenzten Wiedereinführung von Grenzkontrollen hatte Frankreich bereits vor den Anschlägen begonnen. Jetzt sind die Behörden stärker alarmiert denn je.
Es dürfe kein Risiko eingegangen werden, sagt Valls – und dazu zählt der Regierungschef Massenversammlungen. Die Sicherheitskräfte, die deutlich aufgestockt wurden, müssten sich „auf das Wesentliche“ konzentrieren können. Daher wurden alle Großveranstaltungen im Freien und abseits des 18 Hektar großen Messegeländes in Paris-Le Bourget, gut zehn Kilometer nordöstlich der Hauptstadt, abgesagt. Dort finden parallel zu den Verhandlungen der Delegierten hunderte Konferenzen zu allen Themen rund um Klima- und Umweltschutz und Energieversorgung statt, doch ist der Zugang strikt reglementiert.
Zur Klimakonferenz werden auch Prominente erwartet
Auch Prominente wie der Schauspieler Sean Penn, Microsoft-Gründer Bill Gates und der US-Umweltaktivist und frühere Politiker Al Gore werden dort erwartet. In Paris werden jedoch weder die großen „Märsche für das Klima“ abgehalten, die an diesem Sonntag und zum Abschluss am 12. Dezember geplant waren und zu denen jeweils mindestens 200000 Menschen erwartet wurden. Noch gibt es das große Gratis-Konzert am 5. Dezember auf den Champs-Élysées oder die Ausstellung „Arche Noah für das Klima“ mit farbigen Tierskulpturen am Trocadéro-Platz, gegenüber dem Eiffelturm.
Der Klima-Gipfel für die Jugend (COY) soll vom 26. bis 28. November zwar stattfinden, aber mit weniger als den eigentlich erwarteten 5000 jungen Teilnehmern. 300 Klassenausflüge sind abgesagt. Beibehalten werden der „Bürger-Gipfel für das Klima“ am 5. und 6. Dezember im Pariser Vorort Montreuil, die „Aktions-Zone für das Klima“ mit Debatten und Kunst-Aktionen vom 7. bis 11. Dezember im Kulturzentrum „Centquatre“ sowie die Ausstellung „Lösungen COP21“ im Museum Grand Palais.
Die meisten Umweltschutzorganisationen äußern Verständnis. Nicolas Hulot, TV-Star und Frankreichs wohl bekanntester Umweltaktivist, sagt: „Man stelle sich vor, der Marsch endet in einer Tragödie.“ Seine „Stiftung für Natur und Mensch“ ruft Menschen weltweit auf, anstelle der Pariser am Sonntag auf die Straße zu gehen.
Doch ein Zusammenschluss namens „Die Unfolgsamen“ („Les Désobéissants“) fordert die Pariser dazu auf, trotz des Verbots am Sonntag zu marschieren.
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