Kommt das Selfie-Verbot vor Sehenswürdigkeiten?
Wer Urlaubsfotos vor Sehenswürdigkeiten macht und kommerziell nutzt, könnte möglicherweise bald Post vom Abmahn-Anwalt bekommen. Denn EU-Parlamentarier wollen die Panoramafreiheit kippen.
Die Älteren werden sich erinnern: Früher hat man Urlaubsfotos gemacht, um sie später, je nach persönlicher Disziplin, ordentlich beschriftet ins Album zu kleben. Und wenn der 24er-Film – Vielfotografierer nahmen zur Sicherheit einen 36er – voll war, dann war er halt voll.
Heute bieten Smartphones schier unendlichen Speicherplatz und so wird also geknipst, bis die Speicherkarte glüht: Ich vor dem Eiffelturm, ich vor dem Brandenburger Tor, ich vor dem Buckingham Palast. Und am Allerwichtigsten: Alles muss sofort ins Netz. Weil: Nur das, was die Facebook-Freunde sehen können, ist ja auch wirklich passiert, oder? Nun könnte ausgerechnet die EU dem Selfie-Wahnsinn – mehr oder weniger aus Versehen – ein Ende machen.
Aber der Reihe nach. In Deutschland darf bislang jeder Fotos von Bauwerken machen und sie frei verwenden – sogar für kommerzielle Produkte wie Kalender oder Postkarten. Panoramafreiheit heißt das auf Juristendeutsch.
Aber nicht alle EU-Staaten sehen die Sache mit dem Urheberrecht so locker. So geht’s ja nicht, dachte sich deshalb ein Europaparlamentarier aus Frankreich. Er heißt Jean-Marie Cavada und fordert nun: Wer Fotos oder Videos von fest installierter Kunst und öffentlichen Gebäuden gewerblich nutzen will, braucht dafür die Erlaubnis der Urheber.
Nun werden Sie wahrscheinlich sagen: Macht ja nichts, mein Facebook-Profil ist ja sowieso privat. Stimmt. Blöd nur, dass Facebook die Schnappschüsse all seiner Nutzer nach Lust und Laune weiterverwerten darf, also auch kommerziell. Das weiß nur kaum jemand, steht nämlich – wie so vieles – im Kleingedruckten.
Müssen all die emsigen Selfie-Knipser künftig also mit Post vom Abmahn-Anwalt rechnen, wenn sie Bilder von Sehenswürdigkeiten ins Netz stellen? Non, non, so hatte Monsieur Cavada das nicht gemeint. Beteuert er zumindest. Er habe nie das Ziel gehabt, Nutzer zur Kasse zu bitten oder ihre Freiheit im Internet einzuschränken. Doch ob er die Geister jetzt noch einfangen kann, die er rief?
Am 9. Juli will das Parlament in Brüssel über seinen Vorschlag abstimmen.
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