Medien: US-Drohnenangriffe werden von Deutschland aus gesteuert
An US-Drohnenangriffen in Somalia sollen auch Militärstützpunkte in Deutschland beteiligt sein. Die Bundesregierung sagt, sie wisse von nichts.
Die USA steuern ihre völkerrechtlich umstrittenen Drohnenangriffe in Somalia Medienberichten zufolge auch von Militär-Stützpunkten in Deutschland aus. Sowohl das Afrika-Kommando der US-Streitkräfte in Stuttgart als auch der Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein seien an den Einsätzen gegen mutmaßliche Terroristen beteiligt, berichteten die Süddeutsche Zeitung und das ARD-Magazin Panorama. Die Bundesregierung erklärte, keine Kenntnis davon zu haben. Bei einer wissentlichen Duldung könnte sie sich nach Einschätzung von Völkerrechtlern mitschuldig an Verstößen gegen internationales Recht machen.
Grüne und Linke protestierten gegen eine Beteiligung von US-Stützpunkten in Deutschland an Kampfdrohnen-Einsätzen. Der stellvertretende Linksfraktionschef Jan van Aken forderte, notfalls die Staatsanwaltschaft einzuschalten. US-Präsident Barack Obama hatte vergangene Woche angekündigt, die Drohnen-Einsätze strenger zu regeln. Der Einsatz soll aber weiterhin möglich sein.
Steuerung über eine Satellitenanlage in Ramstein
Die USA führen ihren Kampf gegen den Terrorismus in Ländern wie Pakistan, Afghanistan, Jemen und Somalia seit den Anschlägen vom 11. September 2001 mit Hilfe von Kampfdrohnen. Unabhängigen Recherchen zufolge wurden in Somalia seit 2007 bei Angriffen mit diesen unbemannten Flugzeugen bis zu 27 Menschen getötet, darunter bis zu 15 Zivilisten.
Die Attacken richten sich gegen Mitglieder der islamistischen Shaabab-Miliz. Die Entscheidung über die Angriffe wird im Weißen Haus in Washington getroffen, die Piloten sitzen in der Regel auch in den USA und die Drohnen sind in der Nähe der Krisengebiete stationiert. An den Drohnen-Einsätzen in Afrika sind laut Panorama und SZ aber auch US-Militärs in Deutschland beteiligt.
Über eine Satellitenanlage in Ramstein sollen die Piloten den Kontakt zu den Kampfdrohnen halten. Ohne diese Relais-Station könnten die Angriffe nicht durchgeführt werden, zitieren die Medien aus einem Papier der US-Luftwaffe. Für die Planung und Koordination der Einsätze ist den Berichten zufolge das US-Kommando "Africom" in Stuttgart mit seinen 1500 militärischen und zivilen Mitarbeitern zuständig. An einem 24-Stunden-Einsatz sollen dort fast 70 Spezialisten beteiligt sein.
Menschenrechtler kritisieren gezielte Tötungen
Die Bundesregierung hat nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert keine Erkenntnisse darüber. "Ich kann für die Bundesregierung diese Behauptungen, die in der Berichterstattung aufgestellt werden, nicht bestätigen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Es gebe auch keine Anhaltspunkte für ein völkerrechtswidriges Verhalten der USA.
Menschenrechtler kritisieren die gezielten Tötungen als Verstoß gegen das Völkerrecht. Sie sehen darin Hinrichtungen ohne Gerichtsprozess. Der Gießener Völkerrechtler Thilo Marauhn sagte "SZ" und "Panorama" dazu: "Die Tötung eines Terrorverdächtigen mit Hilfe einer bewaffneten Drohne außerhalb eines bewaffneten Konflikts kann - wenn die Bundesregierung davon weiß und nicht dagegen protestiert - Beteiligung an einem völkerrechtlichen Delikt sein."
Van Aken teilt diese Einschätzung. "Bei den tödlichen Drohneneinsätzen der USA handelt es sich in der Regel um Hinrichtungen, die nach deutschem Strafrecht als Totschlag oder Mord strafbar sind", sagte er. Die Grünen-Rüstungsexpertin Agnieszka Brugger, sagte: "Es darf nicht sein, dass von deutschem Boden aus völkerrechtswidrige militärischen Angriffe ausgehen und unterstützt werden." US-Stützpunkte in Deutschland dürften kein rechtsfreier Raum sein. dpa
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