Premier, Pech und Pannen: David Cameron im Wahlkampf
Nächste Woche will David Cameron als britischer Premier wiedergewählt werden. Die letzte TV-Debatte hat er gewonnen. Ansonsten fällt er aber vor allem durch Peinlichkeiten auf.
Eigentlich hätte sich der britische Premierminister David Cameron freuen können. Wenige Tage vor der Parlamentswahl am kommenden Donnerstag hatte einen Prestige-Erfolg erzielt. Die letzte TV-Fragerunde, bei der er sich mit Oppositionsführer Ed Miliband und dem Chef der Liberaldemokraten, Nick Clegg, dem Publikum stellte, hat der Premier jedenfalls gewonnen. Das ergab zumindest eine erste Umfrage. Doch kaum war eine Nacht vergangen, passierte Cameron eine Panne. Wieder einmal.
"Eine entscheidende Wahl für die Karriere"
Bei einer Veranstaltung antwortete er zur Bedeutung der Wahl: "Das ist eine wirklich entscheidende Wahl für die Karriere..." Erst nach einer Peinlichkeitssekunde fügte er zwar schnell hinzu: "...für das Land." Viele Briten, die den Konservativen als reinen Machtpolitiker betrachten, fühlen sich in ihrer Meinung bestätigt. Auch deshalb muss Cameron um jede Stimme kämpfen. Die Wahl ist so spannend wie kaum eine zuvor. Doch dem Premier unterlaufen in regelmäßigen Abständen Pannen wie diese.
Als er kürzlich ankündigte, dass er eine dritte Amtszeit in Downing Street 10 ausschließe, wunderten sich die Briten. Noch ist der 48-Jährige nicht einmal für ein zweites Mandat wiedergewählt. Mit Äußerungen über seine Nachfolge hat er das Rennen in den eigenen Reihen eröffnet und damit womöglich riskiert, seinen Führungsanspruch zu untergraben. Mittlerweile schieben es viele Parteifreunde auf ihren Chef, dass die Tories trotz Wirtschaftsaufschwungs in den Umfragen nicht klar in Führung liegen.
Gelingt Cameron ein Spagat?
Cameron hatte in den vergangenen fünf Jahren viele Kämpfe auszufechten. Auch innerhalb der Tories, wo er den konservativen, EU-skeptischen Flügel beruhigen musste, der regelmäßig gegen seine "zu liberale Politik" rebellierte – etwa, als er die Homo-Ehe durchsetzte. Cameron probierte einen Spagat, der nicht immer glückte.
Bei der Abstimmung über einen Syrien-Einsatz holte er sich statt einer Mehrheit eine politische Ohrfeige. Im von ihm angezettelten Machtkampf um den EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker verlor er letztlich gegen seine europäischen Widersacher. Zwar schüttelte das internationale Publikum damals den Kopf über das blamable Auftreten, auf der Insel feierten ihn aber viele für den Aufstand gegen Brüssel.
Gleichwohl gilt er als Getriebener von den EU-Hassern der Unabhängigkeitspartei Ukip. Um deren Erstarken zu verhindern und Hinterbänkler in den eigenen Reihen zu besänftigen, stellte er den Briten sogar ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft 2017 in Aussicht. Zudem setzte er auf Druck der Rechtspopulisten das Thema Migranten auf die Agenda und versprach eine drastische Reduzierung der Einwandererzahlen.
Eine "schnurrende" Queen
Erschwerend kommt hinzu, dass ihm noch immer zahlreiche Briten vorwerfen, das Schottland-Referendum im Herbst unterschätzt zu haben, als Cameron die Schotten erst in letzter Minute mit großen Zugeständnissen zum Bleiben überreden konnte. Damit hat er die Büchse der Pandora geöffnet: Nun fordern auch Waliser, Engländer und Nordiren mehr Autonomie-Rechte.
Im Anschluss passierte ihm der nächste Patzer, als er in New York vor vermeintlich ausgeschalteten Kameramikrofonen die Reaktion von Königin Elizabeth II. auf den Ausgang des Unabhängigkeitsreferendums schilderte. Sie habe vor Freude "gar nicht mehr aufgehört zu schnurren". Kleinlaut und peinlich berührt musste sich der Premier für den Affront entschuldigen.
Der Sohn eines Börsenmaklers und einer Adeligen hat mit seiner Frau Samantha vier Kinder. 2009 starb der älteste Sohn Ivan, der an zerebraler Kinderlähmung und Epilepsie litt, im Alter von sechs Jahren. Damals trauerte das ganze Land mit dem Oppositionsführer. Ein gutes Jahr später wurde Cameron zum Premierminister gewählt.
Sinnbild des abgehobenen Westminster-Establishments
Nachdem er zu Beginn seiner Amtszeit bei Tory-Anhängern als smart und charismatisch gefeiert wurde, gilt er bei vielen Briten heute als Sinnbild des abgehobenen Westminster-Establishments. Auch deshalb versucht der Premier, ein Nachfahre von König Wilhelm IV. und Absolvent der Eliteschule Eton, sich immer wieder volksnah zu zeigen. Cameron, selbst begeisterter Hobby-Koch, saß also kürzlich im Garten eines Wählers, bekam einen Hotdog serviert, und was machte der Premierminister? Er verspeiste Wurst und Brötchen mit Messer und Gabel. Die Presse lästerte und in sozialen Medien zogen die Briten über den Premier her. Ob sie am kommenden Donnerstag in der Wahlkabine noch daran denken?
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