Pressestimmen zu Theresa Mays Plänen: "Geisterfahrt zum Brexit"
Die britische Premierministerin Theresa May will mit der EU erneut über das Thema Irland verhandeln. Für ihren "Plan B" zum Brexit gibt es scharfe Kritik.
Die britische Premierministerin Theresa May wollte dem Unterhaus in London ihren Plan B für den Austritt Großbritanniens aus der EU darlegen. Das Ergebnis war allerdings ernüchternd. Das sind die Pressestimmen zur Rede von Theresa May und zum drohenden ungeregelten Brexit:
"Es war doch sehr wenig, was May präsentierte. Ihre einzig konkrete Entscheidung: EU-Bürger, die in Großbritannien leben und dort eine Aufenthaltsberechtigung beantragen sollen, werden nun nicht mehr die Gebühr von 65 Pfund zahlen müssen. Das war's. Ansonsten versprach die Regierungschefin das, was sie schon seit der Niederlage im Parlament beteuert: Sie werde zuhören, werde mit allen Seiten des Parlamentes sprechen, werde nach Lösungen suchen." Zeit Online
Theresa May wird von der EU als eigentliches Problem in den Verhandlungen gesehen
"Premierministerin Theresa May wird von der Europäischen Union längst nicht mehr als Partnerin, sondern mittlerweile als das eigentliche Problem bei den Verhandlungen diesseits und jenseits des Kanals gesehen. Denn zu Haus schafft sie es nicht, einen überparteilichen Kompromiss zu basteln. Und in Brüssel ergeht sie sich weiter in blumigen Unverbindlichkeiten aus der Kategorie "Politischer Grundwahrheiten". Bei allem Respekt: Es ist nicht abzusehen, wie mit dieser Regierungschefin noch ein gut organisierter Austritt aus der EU zu schaffen sein sollte." Rhein-Zeitung
"Der Vorstoß, erneut mit der EU über die Grenzregelung zu Nordirland zu verhandeln, spiegelt die Hilflosigkeit der Premierministerin wider. Denn weder die Iren noch die Europäische Union werden sich von May unter Druck setzen lassen und ihrer Forderung nach einer offenen Grenze nachgeben. Dabei dürfte die Geduld der Briten längst aufgebraucht sein, sehnt man sich mehr denn je nach einer raschen Lösung statt nach halb garen Ankündigungen. Es liegt nun an den Briten, endlich für Klarheit zu sorgen und dem ausgehandelten Deal mit Brüssel zuzustimmen. Nur so lässt sich das Fiasko eines ungeordneten Austritts noch verhindern." Neue Osnabrücker Zeitung
"In Westminster nichts Neues. Theresa Mays erneuter Brexit-Auftritt vor dem Parlament hat den festgefahrenen britischen Streit um den EU-Austritt des Königreichs keinen Schritt vorangebracht. Man muss sich schon wundern über die unverfrorene Arroganz und seltene Dickhäutigkeit der Regierungschefin, die in der vergangenen Woche einen sehr schmerzhaften Schlag einstecken musste - und die nun den Abgeordneten zur Afternoon-Tea-Zeit einen lauwarmen Aufguss ihrer ursprünglichen Brexit-Lösung auftischt." Badische Neueste Nachrichten
"Was treibt diese Frau an? Welchen Plan hat sie wirklich? Spielt sie tatsächlich auf Zeit? Glaubt sie, die Abgeordneten werden kurz vor dem Austrittstermin doch noch umknicken und dem umstrittenen Brexit-Vertrag aus lauter Verzweiflung doch zustimmen? Das alles mutet an wie eine politische Geisterfahrt zum Brexit." Freie Presse
Die EU muss sich auf den ungeregelten Brexit und einen harten Bruch einstellen
"Der Haken ist der Backstop, jene Notfall-Lösung, die eine harte Grenze zwischen Irland und der Provinz Nordirland vermeiden soll. An ihm könnte schlussendlich jeder Deal scheitern. Und doch zeigen ausgerechnet die kontrovers geführten Debatten auf der Insel, warum es den Backstop so dringend braucht. Wahnwitzige Vorschläge wie der angebliche Plan, mit der Republik Irland einen bilateralen Vertrag zu schließen und die EU zu umgehen, offenbaren vor allem jene typische Arroganz, die der irische Nachbar häufig von der britischen Elite erfährt. Westminster verdient nach diesem jahrelangen Theater kein Vertrauen mehr." Mannheimer Morgen
"Die Union tritt weiter auf der Stelle, weil sich die Brüsseler Diplomaten immer noch fragen, an welchen Alternativen, vielleicht sogar Zugeständnissen sie denn arbeiten sollten, so lange aus London nichts darüber zu hören ist, was denn zu den Knackpunkten des Brexit-Austrittsvertrages zählt. Auf der Insel ist man in der Sache auch nach dem Vorschlag für einen Plan B keinen Schritt weiter. Ob A oder B - die EU steht völlig konsterniert vor der Unfähigkeit der amtierenden britischen Regierung, das zu organisieren, was sie seit Jahren beschwört: ihren Ausstieg aus der EU. Und so bleibt der Europäischen Union nur die Vorbereitung auf das, was niemand will: den harten Bruch."Mitteldeutsche Zeitung
"Der arg strapazierte und abgegriffene Satz vom Ball, der in der britischen Spielhälfte liegt, trifft immer noch zu. Ohne konkrete Anhaltspunkte, wo aus britischer Sicht die strittigen Fragen liegen, ist ein Kompromiss nicht realisierbar. Auf der Insel werden zwar viele Worte gemacht. Aber in der Sache ist man auch nach dem Vorschlag für einen Plan B keinen Schritt weiter." Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung (dpa/AZ)
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