US-Wahl: Anleitung zum Mitfiebern
Amerika wählt. In den letzten Umfragen hat Obama die Führung zurückerobert. Doch schon oft lagen die Meinungsforscher falsch. Ein Überblick über die wichtigsten Fragen.
Experten und Umfragen sagen eines der spannendsten Rennen um die amerikanische Präsidentschaft seit Jahren voraus: Heute Nacht entscheiden die Amerikaner, ob Barack Obama eine zweite Amtszeit erhält oder der republikanische Multimillionär Mitt Romney den ersten schwarzen Präsidenten ablöst. Ein Überblick über die wichtigsten Fragen der Wahlnacht:
Wer hat die besseren Chancen?
Im Schlussspurt hat Präsident Obama seit seinem Krisenmanagement nach dem Hurrikan „Sandy“ in vielen Umfragen wieder aufgeholt: Doch allein vergangene Woche gab es hunderte Wahlprognosen diverser Meinungsforscher und Universitäten, weshalb Zeitungen und Internetportale Durchschnittswerte aus allen verfügbaren Umfragen bilden. Das unabhängige Internet-Politikmagazin Realclearpolitics sieht nach Auswertung tausender Daten Obama landesweit mit 0,4 Prozent vor Romney. Beim Internet-Magazin Politico liegen beide Kandidaten mit 48 Prozent gleichauf. Entscheidend ist aber das Ergebnis in den einzelnen, hart umkämpften Bundesstaaten: Hier sieht Politico Obama mit 303 zu 235 Wahlmännern vorn.
Wie zuverlässig sind die Umfragen?
Die einzelnen Prognosen unterscheiden sich deutlich: So sehen Umfragen im Auftrag mehrerer Zeitungen in Florida Mitt Romney in dem Bundesstaat klar vorn, Erhebungen des US-Senders NBC dagegen klar Obama. In fast allen Umfragen gibt es zudem einen Prozentsatz Unentschlossener, die am Ende die Wahl entscheiden können.
In der Vergangenheit lagen die Forscher oft daneben: So sagten Umfrageinstitute im Jahr 2000 den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Al Gore am Tag vor der Wahl noch einen acht Prozent großen Vorsprung vor George W. Bush voraus, der am Ende aber knapp gewann.
Welche Rolle spielt das amerikanische Wahlsystem für das Ergebnis?
Der Präsident wird nicht direkt vom Volk gewählt, sondern über eine Wahlmännerversammlung. Bei der heutigen Präsidentschaftswahl werden in jedem der 50 Staaten und aufgrund eines Verfassungs-Sonderrechts auch für die Hauptstadt Washington sogenannte Wahlmänner (englisch: Electors) gewählt. Das System wurde bereits 1787 in der US-Verfassung festgelegt, als es das jetzige amerikanische Parteiensystem noch gar nicht gab. Die Wahlmänner werden bis auf zwei Bundesstaaten im K.-o.-System nach dem Motto „Der Sieger bekommt alles“ vergeben. Deshalb kommt es auf die sogenannten „Swing States“ an – Staaten mit wechselnden Mehrheiten für Demokraten und Republikanern. So wurde im Jahr 2000 George W. Bush nur deshalb Präsident, weil ihm nach einem juristischen Tauziehen die Wahlmänner Floridas zugesprochen wurden, obwohl Al Gore landesweit eine halbe Million Wählerstimmen mehr hatte.
Um wie viel Uhr steht heute Nacht oder morgen früh der Sieger fest?
Die ersten Wahllokale schließen um Mitternacht unserer Zeit, eine Stunde später sind von einer Handvoll Staaten im Osten die ersten Prognosen zu erwarten, etwa aus Kentucky, das wohl an Romney, und Vermont, das an Obama gehen wird. Die ersten Hochrechnungen aus dem Swing State Florida werden gegen 2 Uhr erwartet: Für Romneys Chancen auf einen Sieg gilt Florida als entscheidend. Liegt aber Obama im Sonnenstaat vorn, könnte es eine Vorentscheidung für den Wahlabend sein. Gewinnt Romney, kommt es auf Ohio an, wo gegen 3.30 Uhr verlässliche Zahlen erwartet werden. Danach könnte es voraussichtlich mindestens bis gegen 5 Uhr früh unserer Zeit dauern, bis der endgültige Sieger feststeht und ein Kandidat über 270 Wahlmännerstimmen auf dem Konto hat.
Lohnt sich das Wachbleiben?
Wer es mit seinen Pflichten des morgigen Tages vereinbaren kann, dem bietet sich eine spannende Fernsehnacht: ARD, ZDF, RTL, N-TV, N24 und Phoenix berichten um Mitternacht live aus den USA mit TV-Experten und Reportagen. Das ZDF bietet unter anderem Barack Obamas ältere Halbschwester Auma und FDP-Außenminister Guido Westerwelle als Gäste auf, die ARD dessen SPD-Amtsvorgänger, Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Ein technisches Spektakel bietet CNN: Vor vier Jahren schaltete der US-Sender Reporter als Computer-Holografie ins Studio. mit afp, dpa
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