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Fall Peggy
07.05.2014

Ulvi K. kurz vor dem Freispruch: Der falsche Mann im Peggy-Mordprozess

Zehn Jahre lang war Ulvi Kulac offiziell Mörder der kleinen Peggy. Doch Zweifel am Urteil hat es immer gegeben. Nun wird der geistig Behinderte wahrscheinlich freigesprochen.

Ulvi Kulac’ Augen werden immer größer am späten Mittwochvormittag. Mit ein wenig Erklärung von seinem Anwalt Michael Euler und seiner Betreuerin Gudrun Rödel dämmert auch dem geistig behinderten Angeklagten, was gerade geschieht. Der neu aufgerollte Prozess gegen ihn wegen Mordes an der kleinen Peggy Knobloch wird völlig überraschend drei Wochen früher beendet. Ein abruptes Ende. Urteil: schon nächsten Mittwoch.

Ulvi K. womöglich bald frei

Richter Michael Eckstein sagt: „Bis zum heutigen Tag ist kein einziger Sachbeweis für das damalige Geständnis von Ulvi Kulac gefunden worden.“ Um den Angeklagten schuldig sprechen zu können, müsse das Gericht die Überzeugung gewinnen, dass Kulac die Tat begangen hat – und dies auch begründen. Aus den Worten des Richters spricht die deutliche Skepsis, dass dies gelingen kann. Das ist nichts weniger als ein vorweggenommenes Urteil. Und das kann demnach nur lauten: Freispruch.

Ulvi Kulac, 36, ruft seine Eltern an, um ihnen die gute Nachricht zu verkünden. Die machen sich sofort aus Lichtenberg auf den Weg nach Bayreuth und kommen wenig später freudestrahlend hinzu. Sie treffen dort auf Gudrun Rödel, die gerichtlich bestellte Betreuerin von Kulac. Rödel ist eine der Hauptpersonen in dem Justizdrama, das sich seit fast 13 Jahren abspielt. Im August 2001 – drei Monate, nachdem die neunjährige Peggy auf dem Heimweg von der Schule verschwunden war – wurde Ulvi erstmals festgenommen und verhört. Ein gutes Jahr später präsentierten die Ermittler den Gastwirtssohn als mutmaßlichen Mörder von Peggy. Im April 2004 wurde Kulac wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

Betreuerin von Ulvi K. ist fast am Ziel

Gudrun Rödel ist jetzt beinahe am Ziel einer langen Reise. Seit vielen Jahren kümmert sie sich um Ulvi. Von Anfang an hat sie an seine Unschuld geglaubt. Nach und nach versuchte sie, ihr Gefühl mit Fakten zu untermauern. Sie recherchierte, studierte die Prozessakten – und stieß auf gravierende Widersprüche. Gründete die Initiative „Gerechtigkeit für Ulvi“. Schließlich gewann sie in Michael Euler aus Frankfurt einen Rechtsanwalt, der bereit war, ein umfangreiches Wiederaufnahmeverfahren auf den Weg zu bringen. „Heute bin ich innerlich sehr gelöst. Wenn es ein Freispruch wird, dann feiern wir“, sagt sie.

Denn das Wiederaufnahmeverfahren steht unmittelbar vor dem Erfolg. So erleichternd das für den Angeklagten, seine Familie und seine Betreuerin ist, so belastend ist es für die bayerischen Ermittlungs- und Justizbehörden. Wieder wird ein Urteil viele Jahre später revidiert. Wie zum Beispiel im Fall Mollath bedurfte es vorher des massiven Drucks durch die Medien und die Öffentlichkeit. Letztlich wird sich zeigen, dass all die Zweifel am Urteil des Landgerichts Hof aus dem Jahr 2004 berechtigt waren. Und dass Ulvi Kulac nie hätte schuldig gesprochen werden dürfen.

Das Urteil in Hof stützte sich im Wesentlichen auf zwei Säulen: zum einen den Belastungszeugen Peter H., den die Kripo in Haft als V-Mann auf Ulvi angesetzt hatte. Nach wenigen Wochen lieferte H.: Ulvi habe ihm gegenüber die Tat gestanden. Zum anderen auf Ulvis Geständnis. Denn der Berliner Gerichtspsychiater Hans-Ludwig Kröber hielt es für glaubwürdig. Die Detailgenauigkeit spreche für eigenes Erleben, zumal die Polizei dem Beschuldigten kein Tatszenario vorgegeben habe.

Genau diese beiden tragenden Säulen des ersten Urteils sind zusammengebrochen. Kronzeuge Peter H. widerrief 2010 seine Aussage und machte den Ermittlungsbehörden schwere Vorwürfe. Er habe nur geliefert, weil ihm die Freiheit versprochen worden sei. Mittlerweile ist Peter H. tot.

Geständnis von Polizei in den Mund gelegt?

Inzwischen ist auch bekannt, dass die Polizei sehr wohl eine sogenannte Tathergangshypothese entwickelt hat, wie es üblich ist in solchen Fällen. Nur dem Gutachter wurde dieser Umstand vorenthalten – und wahrscheinlich auch dem Gericht. Das Szenario war das Ergebnis einer Besprechung der Soko mit dem Münchner Profiler Alexander Horn. Es ist kurz, zeichnet aber in seinen Grundzügen exakt Ulvis späteres Geständnis vor.

Dass dieses Geständnis – zustande gekommen nach rund 40 Vernehmungen Kulac’ – der Knackpunkt des neuen Prozesses sein würde, war rasch klar. War es echt oder falsch? War es ihm von der Polizei in den Mund gelegt worden? Immerhin war die zweite Sonderkommission in diesem Fall vom damaligen Innenminister Günther Beckstein selbst eingesetzt worden, damit Schwung in die Ermittlungen kommt. Die Umstände waren auch eigenartig: Kulac’ Verteidiger war nicht dabei, anders als bei anderen Vernehmungen gab es keine Tonbandaufnahme.

Gutachter macht keine klaren Aussagen

Der neuen Aussage des Gerichtspsychiaters Kröber am Dienstag kam daher entscheidende Bedeutung zu. Doch Kröber windet sich. Er ist ein sehr renommierter Sachverständiger. So jemand verliert ungern sein Gesicht. Kröber sagt: „Nach wie vor spricht viel für die Annahme, dass das Geständnis erlebnisbegründet ist.“ Das sei die mit Abstand schlüssigste Erklärung. Ulvi Kulac habe detailliert nebensächliche Ereignisse wie den Sturz von Peggy über einen Stein geschildert. Es wirkt so, als bleibe Kröber bei seiner Einschätzung von damals. Kulac’ Betreuerin Gudrun Rödel sagt: „Er hat rumgeeiert.“

Denn irgendwann kommt der forensische Psychiater zum entscheidenden Punkt: Es sei nicht auszuschließen, dass es ein „aussagepsychologisch gutes, aber falsches Geständnis“ war. Es gebe dafür zwar keine „naheliegende und wahrscheinliche“ Erklärung, sei aber eine „nicht ausschließbare Denkmöglichkeit“. Möglicherweise habe Ulvi Details wie einen Sturz Peggys früher erlebt und dann in seine Erzählungen eingebaut.

Diese leichten Einschränkungen sind der Rückzieher des renommierten Gutachters. Er schließt ein falsches Geständnis nicht mehr aus. Und wie es scheint, hat das Gericht auf so eine Hintertür nur gelauert, um das unangenehme Verfahren schnell beenden zu können. Schon am nächsten Prozesstag erklärt Richter Eckstein, dass nach der bisherigen Beweisaufnahme ein Tatnachweis nur schwer zu führen sei.

Als letzte Zeugin wird noch Peggys Mutter gehört. Sie sagt: „Der 7. Mai (2001) war sowieso ein beschissener Tag. Es hat geregnet, die Stimmung zu Hause war schlecht und Peggy wollte nicht zur Schule gehen.“ Sie schickte sie trotzdem hin. Peggy kam nie mehr heim.

Dann schließt das Gericht die Beweisaufnahme. Am kommenden Dienstag sollen die Plädoyers gehalten werden. Interessant dabei wird nur sein, ob die Staatsanwaltschaft ihren Mordvorwurf aufrechterhält.

Es gibt allerdings ein riesiges Problem mit dem voraussichtlichen Freispruch: Klar wird dadurch nur, wer es wahrscheinlich nicht gewesen ist. Von der kleinen Peggy fehlt aber weiter jede Spur. Eine Leiche ist bis heute nicht gefunden.

Inzwischen gibt es drei neue Verdächtige

Es gibt allerdings inzwischen drei weitere Verdächtige. Seit Sommer 2012 wird neu ermittelt. Eine Spur brachte die Polizei auf einen Mann aus Halle in Sachsen-Anhalt. Der 29-Jährige, ein ehemaliger Bekannter von Peggys Familie, sitzt wegen sexuellen Missbrauchs seiner Tochter in Haft. Er hat eingeräumt, sich auch an seiner Nichte mehrmals vergangen zu haben. Die Nichte wohnte im gleichen Haus wie Peggy, und der Missbrauch fand wenige Wochen vor Peggys Verschwinden statt. Der Mann streitet aber vehement ab, etwas mit dem Verschwinden zu tun zu haben. In der Haftzelle des 29-Jährigen fanden Polizisten aber ein Foto von Peggy. Zum Kreis der Verdächtigen zählen außerdem der Halbbruder des Mannes und ein Lichtenberger, der bereits wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt wurde.

Ulvi Kulac kann die neuen Ermittlungen dann entspannt verfolgen. Sein Anwalt Euler wird versuchen, ihn rasch aus der Psychiatrie zu bekommen. Es gibt eine betreute Wohneinrichtung, in der er leben und arbeiten könnte. Und wenn nicht alles nahtlos klappt, sagt Gudrun Rödel, „dann nehme ich Ulvi eben für ein paar Wochen bei mir zu Hause auf“.

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