Alles bleibt, wie es ist
Nach EM oder WM erfolgte oft ein Schnitt. Warum das nach dieser Europameisterschaft nicht nötig ist, erklärt Anton Schwankhart
Warschau Kaum eine Welt- und Europameisterschaft, die nicht eine Zäsur nach sich gezogen hätte. 1990 verabschiedete sich Franz Beckenbauer als Weltmeister-Trainer und reichte seine Weltmeister-Spieler an Berti Vogts weiter. Vom System Fußball-Kaiser zum Kleinbürger aus Korschenbroich – tiefer kann ein Einschnitt kaum sein.
Der noch härtere Bruch kam zur Euro 2000. Vor der EM in Holland und Belgien die Ankunft von Erich Ribbeck und hinterher sein Abgang. Gefolgt von der Erkenntnis der Verbandsspitze, die Nachwuchsauslese und -förderung müsse neu auf die Füße gestellt werden. Der deutsche Fußball legte damals die Wurzeln für jene Mannschaft, die jetzt das Land begeistert. 2004 in Portugal: Ende des Zwischenhochs mit dem Gipfel des verlorenen WM-Finales 2002. Rudi Völler hatte keine Lust mehr. Jürgen Klinsmann machte danach alles neu – und zog sich nach der rauschhaften WM 2006 ausgepumpt nach Amerika zurück.
„Es wird keine personellen Einschnitte geben“
Und nun? Nichts. „Es wird keine personellen Einschnitte geben“, sagt Joachim Löw. Alles bleibt, wie es ist. Löw bleibt Bundestrainer, die Mannschaft bleibt die Mannschaft. Der Vertrag des 52-Jährigen läuft noch bis 2014. Wer Wolfgang Niersbach, den Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), in seiner Lobeshymne nach dem Viertelfinale gegen Griechenland gehört hat, darf vermuten, er würde Löws Vertrag am liebsten sofort verlängern. Aber der Bundestrainer hat Zeit. Er hält alle Trümpfe in der Hand. Die Mannschaft, die bei der WM 2010 nicht nur sportlich Aushängeschild geblieben ist, sondern in ihrer multikulturellen Zusammenstellung die Gesellschaft abbildet und das Land angenehm repräsentiert hat, ist zu großen Teilen auch sein Werk. „Es war immer Teil unseres Plans, junge Spieler einzubauen. Das wird auch nach dieser EM wieder so sein“, sagt Löw.
Der 52-Jährige lässt sich dabei gerne an Taten messen. Für die EM hat er den mit Abstand jüngsten Kader (Durchschnittsalter 24,4 Jahre) aller 16 Teilnehmer zusammengestellt. In Polen und der Ukraine hat der 23-jährige Hummels den 27-jährigen Mertesacker verdrängt, dem ebenfalls 27-jährigen Podolski sitzt der 21-jährige Schürrle im Nacken und auf der rechten Außenbahn balgen sich in Müller, 22, Götze, 20, und Reus, 23, drei „Wir-um-die-20-Akteure“ um einen Platz im Aufgebot. Damit hat der Bundestrainer seinen Kader für die WM 2014 in Brasilien bereits zusammen. Die Qualifikationsspiele beginnen bereits im September.
Viel Gungvolk bei der DFB-Auswahl
Bei so viel Jungvolk verträgt die DFB-Auswahl einen Senior. Miroslav Klose fühlt sich im fortgeschrittenen Fußball-Alter von 34 noch nicht reif für den Rückzug. Wenn es sein „Kadaver“ (Klose) noch erlaubt, will er auch 2014 in Brasilien dabei sein, hat Klose gesagt. Einschnitte wird es also frühestens danach geben.
Die Diskussion ist geschlossen.