Trendscout am Hockeyfeld
Uli Forstner aus Ulm auf Entdeckungstour
London Ulrich Forstner aus Ulm wird genau hinschauen. Als Hockey-Bundestrainer Wissenschaft ist der 53-Jährige eine Art Trend-scout im Land der kleinen Kugel. Beim olympischen Männer-Turnier schaut sich der ehemalige Lehrer für Sport und Physik bei den anderen Nationen um. „Ich beobachte die Spiele und überprüfe, ob es innerhalb der Weltspitze Veränderungen im Spielaufbau oder bei Strafecken gibt, die wir dann in unsere Trainerausbildung einfließen lassen.“
Ebenso genau wird auch die Konkurrenz die Auftritte der deutschen Mannschaft verfolgen. Denn das deutsche Hockey bewegt sich seit Jahren auf höchstem Niveau. Bernhard Peters hat es mit seinen innovativen Ideen sogar in den Führungsstab der Hoffenheimer Fußballer geschafft. Dort geht es um das große Geld, im Hockey nicht – und dies hält Uli Forstner für einen großen Vorteil. „Da es in der Bundesliga nur wenige Spieler gibt, die ein kleines Monatsgehalt bekommen, haben die Vereine keinen massiven Zugriff auf die Spieler“, erklärt der ehemalige U-21-Bundestrainer (WM-Titel 2009). Die Spieler studieren in der Regel und haben viel Zeit für die Nationalmannschaft.
100 Lehrgangstage und 40 Länderspiele
Uli Forstner schätzt, dass Bundestrainer Markus Weise pro Jahr 100 Lehrgangstage und annähernd 40 Länderspiele mit seinem Team arbeiten kann. „Schauen Sie sich da im Vergleich die Handballer an. Martin Heuberger muss sich vor einer EM mit vier, fünf Tagen und zwei Länderspielen begnügen.“
Handballer, Fußballer, Basketballer fehlen bei Olympia, die Hockeymannschaften haben sich darauf eingestellt gemeinsam mit den Volleyballern erhöhte Medienpräsenz zu genießen. „Die Erwartungen sind nach dem Olympiasieg in Peking der Männer hoch“, weiß Forstner. „Es wird schnell vergessen, wie viel Arbeit hinter so einem Erfolg steht. Die Mannschaft hat das Potenzial für Gold, aber bei großem Pech erreicht sie nicht einmal das Halbfinale.“ Der Ulmer hält Aus-tralien und die Niederlande für die besten Mitbewerber. Indien oder Pakistan, die früher die Branche mitbeherrschten, spielen nicht mehr diese dominante Rolle. „Deren Spieler tun sich schwer mit Taktik und einem Gesamtsystem.“ In Deutschland arbeiten dagegen alle wichtigen Trainer sehr gut zusammen. Von der Jugend an werden die Spieler geschult und mit taktischen Varianten wie Mann-und Raumdeckung vertraut gemacht. „Da bei uns neben dem Feldhockey auch die Hallenvariante wichtig ist, sind die Spieler technisch sehr gut ausgebildet“, so Forstner.
Deshalb werden sie auch die neue Farbenlehre schnell verinnerlichen. Ein gelber Ball soll auf einem blauen Spielfeld besser zu sehen sein – sagt das Fernsehen.
Erstes Spiel der deutschen Männer Deutschland – Belgien (Montag, 21.15 Uhr). Turnier-Auftakt der Frauen am Sonntag, 29. Juli, gegen Südafrika (21.15 Uhr)
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