Grüner Diskussionsstoff
Die Dortmunder schimpfen nach dem 0:0 auf den schlechten Rasen. In Augsburg versteht man die ganze Aufregung nicht.
Seit gut einem Jahr ist Matthias Wick, 27, beim FC Augsburg als Greenkeeper angestellt. Zusammen mit zwei Kollegen kümmert er sich um den Rasen in der SGL-Arena. Und darum fühlte er sich am Samstagabend persönlich betroffen, als die Dortmunder nach dem 0:0 gegen den FCA über „sein“ Grün hergezogen waren. Ganz so schlimm sei es aber nicht gewesen, sagt Wick, darum sehe „ich es nicht so eng. Es war ja nur ein Teil der Begründung von Herrn Klopp.“
Natürlich hatte der BVB-Trainer festgestellt, dass hauptsächlich die FCA-Profis dafür verantwortlich waren, dass seine Mannschaft nie so richtig in die Gänge kam. Aber eine Teilschuld gab er auch dem Zustand des Rasens. „Der Platz war ein Hammer. Dass Lukas Pisczek innerhalb von fünf Minuten drei Mal der Ball an den Hals springt, das passiert normal nicht. Und das hat uns wehgetan. Wir wollten ruhig spielen. Jeder Ball, den wir ins Mittelfeld gespielt haben, war schwierig“, sagte er in die TV-Kameras.
Weidenfeller hat Angst vor Kreuzbandriss
Kritik übte auch BVB-Torhüter Roman Weidenfeller: „Ich bin der Letzte, der den Platz als Ausrede gelten lässt, aber der Platz war heute sehr, sehr schlecht. Gerade im Torraum ist er nicht nur schlecht, sondern auch gesundheitsgefährdend. Da musst du froh sein, dass du ohne Kreuzbandriss oder ohne dir das Knie zu verdrehen runtergehst.“
Allerdings hatte er sich vor der Partie intensiv im Strafraum warm gemacht und damit selbst die Löcher verursacht, auf die er dann achten musste. Diese Tatsache verschwieg er. Bei FCA-Manager Andreas Rettig sorgt die aufgeregte Dortmunder Rasendebatte nur für Schmunzeln. Er sagt: „Diese Diskussion gäbe es nicht, wenn Dortmund 1:0 gewonnen hätte. Es ist noch Winter, und dass da die Plätze nicht immer im optimalen Zustand sind, ist klar. Aber es gibt viele Plätze, die noch schlechter sind als unserer.“
Dass es aber auch in der SGL-Arena Problemzonen gibt, will auch Wick nicht verschweigen: „Gerade im südlichen Bereich kommt das ganze Jahr über kaum Sonne hin.“ Und ohne Licht hat es auch ein Spezialist schwer, das sensible Grün zu pflegen. Deshalb hat man in der Münchner Allianz-Arena über 500 Wachstumsleuchten installiert, die dem Rasen künstliches Licht spenden. In Augsburg hat man eine – zu Testzwecken. Rasenpflege ist auch eine Frage des Geldes.
Doch im Winter sind auch einfach natürliche Grenzen gesetzt, was jeder Hobbygärtner aus eigener Erfahrung weiß. „In dieser Jahreszeit gibt es kein Wachstum und der Rasen regeneriert langsamer“, sagt Wick. Vor dem Dortmund-Spiel kam dann noch dazu, dass es den ganzen Donnerstag leicht geregnet hatte. „Dies macht sich natürlich gleich bemerkbar. Dadurch wird der Rasen tief und feucht“, sagt Wick. Für das Spiel am Samstag gegen den FSV Mainz 05 ist er guter Dinge. Der Frühling soll mit bis zu 20 Grad Einzug halten. Der Rasen wird aus seinem Winterschlaf erwachen. „Da merkt man jedes Grad.“
FCA will den Rasen noch nicht tauschen
Der Deutschen Fußball-Liga (DFL) ist der Rasen in den Bundesligastadien derart heilig, dass sie eine eigene Platzkommission hat. Götz Bender ist deren Chef. Vor dem Spiel gegen Dortmund war sie nicht im Einsatz, berichtet er, weil es nicht nötig gewesen sei. Derzeit brütet eine Expertengruppe darüber, wie das Grün in den deutschen Stadien auszusehen hat. Kriterien sind unter anderem Farbe, Narbendichte, Scherfestigkeit und Ballrollverhalten. Der Rasen soll noch stärker standardisiert werden als bisher. In der Expertengruppe wird diskutiert, ob Vereine bei einem schlechten Zustand gezwungen werden könnten, den Rasen zu wechseln. Begeisterung würde dies wohl bei keinem Verein auslösen: Das Geld wollen sich die Klubs sparen.
Auch der FC Augsburg sträubt sich noch gegen den Austausch des Rasens. Der Bundesligist ersetzte das Grün komplett zuletzt im Februar 2011, schon in Hinblick auf die Frauen-Weltmeisterschaft. Den Schlussspurt im Bundesliga-Abstiegskampf wird der FCA auf jeden Fall auf altem Untergrund bestreiten. Der Rasen werde erst ausgetauscht, sagt Rettig, „wenn der Klassenerhalt geschafft ist.“
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