Immer Ärger mit dem Dispo
Eine Bank ruft ihren Kunden an, um ihn auf eine bevorstehende Lastschrift hinzuweisen. Er sorgt dafür, dass sein Konto gedeckt ist, und rutscht doch ins Minus. Wie kann das sein und warum sind Sollzinsen so hoch?
Eines vorweg: Helmut Rohrmann ist eigentlich zufrieden mit seiner Bank. Eigentlich. Doch seit etwa einem Monat ärgert sich der Tierarzt aus Mickhausen über die Raiffeisenbank Stauden. Das Finanzamt wollte eine größere Summe von seinem Konto abbuchen. Das wusste er und hatte sein Konto deshalb über das Onlinebanking stets im Blick. An einem Montag Mitte Juni bekam er dann einen Anruf von seiner Bank. Die Abbuchung stehe an, hieß es. Rohrmann überwies also Geld und ging davon aus, dass sein Konto gedeckt ist. Doch als er Ende des Monats auf den Kontoauszug schaute, stellte er zu seiner Überraschung fest, dass Sollzinsen in Höhe von 14,93 Euro abgebucht worden waren. Denn das Finanzamt hat den Betrag nicht am Montag, sondern schon am Freitag eingezogen. Das Konto war also kurze Zeit im Minus. Die 15 Euro seien verschmerzbar, findet Rohrmann. Was schwerer wiegt, ist, dass er nun das Gefühl hat, sich nicht mehr auf die Bank verlassen zu können.
Die Raiffeisenbank Stauden sieht den Vorgang anders. Wie alles abgelaufen sei, möchte Thomas Walter, Vorstand der Bank, mit Verweis auf das Bankgeheimnis nicht sagen. Er erklärt aber an einem anderen Beispiel, dass das Vorgehen der Bank normal sei: Bei einer Lastschrift erteilt der Kunde einem Unternehmen die Erlaubnis, Geld von seinem Konto einzuziehen. Dieses Unternehmen fragt zu einem bestimmten Termin, den es dem Kunden mitteilen muss, bei der Bank an, um das Geld zu bekommen. Ist das Konto nicht gedeckt, hat die Bank die Möglichkeit, noch einen Tag zu warten, ob es noch kommt. In manchen Fällen, so Bank-Chef Walter, würden Betreuer dann Kunden auf die bevorstehende Überweisung aufmerksam machen. „Das ist aber nicht unsere Aufgabe“, sagt Walter. Der Knackpunkt: Ist am zweiten Tag nach der Anfrage des Unternehmens genug Geld auf dem Konto, gibt die Bank den Betrag frei. Dieser wird, so erklärt es Walter, aber schon am Vortag eingezogen. Das Konto ist also für einen Tag im Minus. „Buchhalterisch ist das nicht anders möglich“ sagt Walter.
Für Kunden wie Helmut Rohrmann ist das schwer nachvollziehbar. Das weiß auch Sascha Straub, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Bayern. Er sagt: „Wenn die Bank anruft, sollte sich ein Kunde auch darauf verlassen können.“ Für Fälle wie den von Helmut Rohrmann gibt es Schlichtungsstellen, sagt Straub. Kunden einer Volks- und Raiffeisenbank können sich an die Ombudsleute des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken wenden. Bei den Sparkassen ist es die Schlichtungsstelle beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband. Für Privatbanken sind Ombudspersonen beim Bankenverband zuständig. Solche Fälle seien allerdings nicht häufig, sagt Straub. Viel schwerer wiegt aus seiner Sicht, dass sich die meisten Menschen gar keine Gedanken über die Höhe ihrer Dispozinsen machen.
Die Stiftung Warentest untersucht seit Jahren die Dispozinsen, die Banken auf Konten erheben. Und sie kommt seit Jahren zum gleichen Ergebnis: Die Zinsen sind viel zu hoch. Für das aktuelle Heft Finanztest wurden die Dispozinsen von 1377 Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken und Privatbanken untersucht. Im deutschlandweiten Durchschnitt liegt der Zinssatz bei 9,78 Prozent. Und damit knapp zehn Prozentpunkte über dem aktuellen Leitzins der EZB. Er gibt an, zu welchem Zinssatz sich Banken bei der Europäischen Zentralbank Geld leihen, und liegt schon seit längerem bei null Prozent. 2008 lag die Differenz bei acht Prozentpunkten. 2010 waren Dispozinsen im Schnitt fast zwölf Prozentpunkte höher.
„Bei der aktuellen Zinslage und wenn man eine Bearbeitungsgebühr für die Banken und einen Risikopuffer einrechnet, falls das Geld nicht zurückbezahlt wird, ist das immer noch viel zu hoch“, urteilt Verbraucherschützer Straub. „Dann sollten die Zinsen im unteren einstelligen Bereich liegen“, sagt er. Finanztest ist nicht ganz so streng: „Ein akzeptabler Zins für die Kontoüberziehung liegt unserer Meinung nach bei acht Prozent“, heißt es in dem Heft. Straub sagt hingegen, dass das Risiko für eine Bank, ihr Geld nicht zurückzubekommen, in Deutschland äußerst gering sei. Zudem ergibt eine aktuelle Auswertung der Schufa, dass zu 90,7 Prozent der dort gelisteten Personen ausschließlich positive Informationen vorliegen.
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Liebe Frau Heller, das scheint mir ein wenig einseitig berichtet.
Wenn ich das richtig gelesen habe, hat der Bankkunde dem Finanzamt doch den Einzug seiner fälligen Steuer per Lastschrift genehmigt. Dann hat er aber doch auch dafür Sorge zu tragen, dass sein Konto zum Termin die entsprechende Deckung aufweist.
Offenbar nimmt dieser Kunde kein Dispo in Anspruch, es wurde ihm, warum auch immer, nicht eingeräumt oder der Dispositionskredit war ausgeschöpft.
Keine Bank in Deutschland würde doch in diesem Fall dann den Betrag (scheinbar eine höhere Summe) trotzdem überweisen.
Jetzt ruft ein Bankmitarbeiter freundlicherweise auch noch den Kunden an dem Tag der Fälligkeit an und weist ihn darauf hin, dass ein Konto nicht die erforderliche Deckung aufweist.
Der Kunde Rohrmann sagt zu, den Betrag auf sein Konto nachträglich einzuzahlen. Nachträglich weil: siehe oben: Fälligkeit. Nachträglich bedeutet aber doch auch, dass Zinsen anfallen, gell?
Was wäre, wenn die Bank, so wie es in den Geschäftsbedingungen jeder Bank steht, die Lastschrift einfach zurückgegeben hätte? Dann wäre des Kunden Gesicht ganz schön lang geworden. Denn das Finanzamt hätte die RÜCK-Lastschrift mit einer kleinen Gebühr von ca. 20 Euro "belohnt". Und die Bank hätte ebenfalls (zu Recht, weil so mit dem Kunden eigentlich vereinbart) eine zusätzliche Gebühr verlangt.
Herr Rohrmann aber beklagt sich, dass er sich nicht auf seine Bank verlassen kann? Ich denke, die Bank hat hier richtig gehandelt und ihn auf seine Nachlässigkeit hingewiesen.
Wäre ich ein Bankmitarbeiter, würde ich dem Kunden raten, seine Zahlungen künftig per Überweisung zu begleichen (was natürlich auch nur funktioniert, wenn sein Konto die entsprechende Deckung aufweist).
Die Zinsen sind jedermann bekannt und ich unterstelle, dass ein Tierarzt intelligent genug ist, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (s)einer Bank zu lesen und zu verstehen.Wenn nicht, ist es reine Nachlässigkeit. Dann darf er sich aber auch nicht beklagen.
So what? Wo ist also das Problem? Ärgert er sich eigentlich über sich selbst?
Dass Banken zum größten Teil dem Leitzins nicht angepasste Zinsen berechnen ist ein anderes Thema. Dieses haben Sie, Frau Heller, mit dem angeblichen Problem des Tierarztes aus Mickhausen vermischt. Warum auch immer ...