Schwäbische Stärke
Die große Mehrheit der Unternehmen in der Region bleibt trotz Schuldenkrise optimistisch. Doch der Fachkräftemangel könnte in der Zukunft zu Problemen führen.
Andreas Kopton und Jürgen Schmid blicken optimistisch in die wirtschaftliche Zukunft der Region. Die Umfrageergebnisse unter den schwäbischen Unternehmen geben den Präsidenten der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben sowie der Handwerkskammer für Schwaben recht. „90 Prozent unserer Mitglieder erwarten von der Schuldenkrise keine Auswirkungen auf ihre Geschäftsentwicklung“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Peter Saalfrank und ergänzt: „Es wird eine gewisse Delle geben.“ Nach Worten des Handwerkspräsidenten liegen der Kammer so gute Ergebnisse vor wie seit 20 Jahren nicht.
Schwächephase für deutsche Konjunktur
Bundesweit sieht die Lage anders aus: Das Münchner Ifo-Institut prognostiziert eine Schwächephase für die deutsche Konjunktur. Darauf deute das Ifo-Geschäftsklima hin, das sich im Mai und Juni deutlich eingetrübt hat. Die Ursache dafür ist die Schuldenkrise. Im Jahresdurchschnitt wird das Bruttoinlandsprodukt nach Ifo-Schätzungen um 0,7 Prozent steigen. Allerdings werde die Konjunktur im kommenden Jahr wieder an Fahrt gewinnen, wenn die Binnennachfrage anhält.
Auf die Binnennachfrage setzen auch die schwäbischen Handwerksbetriebe. Kammerpräsident Schmid spricht von einem hohen Anteil privater Investoren. „Die Auftragsbücher im Handwerk sind dick voll. Uns ist nicht bange“, betont er als Gast unserer Redaktion. Auch bundesweit sei das Handwerk mit rund fünf Millionen Mitarbeitern ein stabilisierender Faktor, der Arbeitsplätze schafft.
IHK: Fachkräfte drohen knapp zu werden
Doch gerade Fachkräfte drohen knapp zu werden. Das Thema nennen die Mitgliedsunternehmen nach Aussage von IHK-Präsident Kopton bei den Risikofaktoren für ihre weitere Geschäftsentwicklung an dritter Stelle. Es fehlen nicht nur Akademiker, sondern vor allem auch Facharbeiter in allen Branchen. „Wir versuchen an allen Schrauben zu drehen, um diesen Mangel zu beheben“, sagt Kopton und nennt als Beispiel die bessere Integration von Migranten und älteren Arbeitnehmern. „Die Frühverrentung ist weg“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Saalfrank. Stattdessen hätten die Unternehmer erkannt, dass sie sich bemühen müssen, ihre älteren Beschäftigten mit speziellen Arbeitszeitmodellen und Weiterbildungskursen im Betrieb so lange wie möglich zu halten, „denn deren Erfahrung ist Gold wert“.
Aber auch Frauen stehen bei der Suche nach Fachkräften im Fokus der schwäbischen Unternehmen. Beide Präsidenten lehnen in diesem Zusammenhang das Betreuungsgeld ab. Es laufe den Bemühungen der Wirtschaft, gerade auch mehr Frauen in den Arbeitsprozess einzubinden, entgegen. „Das Geld müsste vielmehr dazu genutzt werden, Potenziale bei Jugendlichen stärker zu heben“, sagt Handwerkspräsident Schmid. Seiner Einschätzung nach zeigt sich immer wieder, dass beispielsweise bei der Einbindung der Kinder von Migranten eine sehr frühe Förderung effektiv ist.
Die Förderung von Facharbeitern sei vernachlässigt worden
Doch während die Handwerkskammer in erster Linie die Ressourcen vor Ort fördern will und die eigene Ausbildung favorisiert, spricht sich die IHK auch für eine verstärkte Zuwanderung aus. Hier mahnt der Handwerkspräsident zur Vorsicht: „Fachkräfte einfach aus dem Ausland zu holen, da bin ich skeptisch.“ Seiner Darstellung nach dürfen die Sprachbarrieren, aber auch die Umstellungsprobleme nicht unterschätzt werden. In den Reihen seiner Mitgliedsbetriebe klagen vor allem die Bäcker und Metzger über zu wenig Nachwuchs. Schmid kritisiert hier die Bildungspolitik: „Über Jahre wurde einseitig zu viel Geld in die universitäre Ausbildung investiert und die Förderung von Facharbeitern vernachlässigt.“
In vielen schwäbischen Unternehmen werden aber nicht nur junge Leute gesucht, die Facharbeiter werden wollen, sondern auch Führungskräfte, die einen Betrieb übernehmen. Im Kammerbezirk der IHK gibt es hier vor allem Probleme bei Firmen in der Gastronomie und Hotellerie. „Ein hochsensibles Thema“, sagt Hauptgeschäftsführer Saalfrank, für das sich die Kammer stärker engagieren will. Während die IHK rund 2000 Betriebe zählt, die zur Übergabe anstehen, sind es in der Handwerkskammer zwischen 4000 und 5000.
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