Auch in Bayern fehlen Krippenplätze
Bis 2013 fehlen dem Bund ganze 233.000 Betreuungsplätze. Das selbstauferlegte Ziel wird damit verfehlt. Auch Bayern schneidet in der Statistik schlecht ab.
„Eltern mit kleinen Kindern können nicht warten, sie brauchen jetzt eine Antwort.“ Als sich Familienministerin Ursula von der Leyen im April 2007 mit den Vertretern von Ländern und Gemeinden zum „Krippengipfel“ in einem Berliner Hotel traf, war die Zeit bereits knapp. Die Wartelisten, monierte die forsche CDU-Frau damals, seien viel zu lang. Am Ende trennte sich die Runde mit dem Versprechen, für 750000 Kinder unter drei Jahren einen Platz in einem Kindergarten, einer Krippe oder bei einer Tagesmutter bereitzustellen. Damit wären bis 2013 etwa 35 Prozent aller Kinder in diesem Alter versorgt.
Dieses Ziel droht die neue Familienministerin Kristina Schröder nun aus den Augen zu verlieren. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes kommt der Ausbau der Kinderbetreuung nur noch schleppend voran. Zwischen März 2010 und März 2011 wurden danach lediglich 45000 neue Plätze geschaffen, 10000 weniger als noch ein Jahr zuvor.
Vor allem in Süddeutschland ist der Nachholbedarf noch groß: Bayern und Baden-Württemberg liegen mit Betreuungsquoten von nicht einmal 21 Prozent weit unter den verabredeten Werten. Entsprechend gereizt reagiert die Ministerin auf die neuesten Zahlen: Die Länder investierten zu wenig und riefen die Mittel, die der Bund zur Verfügung stellt, nur teilweise ab, kritisiert sie.
Bayern auf dem viertletzten Platz
Bayern zum Beispiel hat zwar mit 241,3 Millionen Euro vom Bund deutlich mehr Geld für den Ausbau der Kinderbetreuung bekommen als die meisten anderen Bundesländer, rangiert mit seinem Angebot an Krippenplätzen und Tagesmüttern aber noch immer auf dem viertletzten Platz: Die Beamten des Bundesfamilienministeriums erklären sich dieses Phänomen vor allem mit dem fehlenden Willen der Landespolitiker: Die Mittel aus Berlin werden zwar dankend genommen, der versprochene Eigenanteil aus dem Landeshaushalt aber lässt auf sich warten.
„Bei diesem Tempo“, warnt die grüne Familienpolitikerin Ekin Deligöz, „lässt sich der Rechtsanspruch auf einen Platz nicht erfüllen.“ Erschwerend komme hinzu, dass Ministerin Schröder die Länder nicht genügend in die Pflicht nehme. „Frau von der Leyen“, sagt die Oppositionsfrau anerkennend, „hat etwas bewegt. Ihre Nachfolgerin aber fühlt sich nicht zuständig.“
Vom Kindergartenjahr 2013/14 an haben Eltern einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz, sobald ihr Kind ein Jahr alt ist. Das heißt: Sie können ihn bei ihrer Kommune notfalls einklagen. Den neuen Bundesländern macht das kaum Probleme: Sie bieten bereits jetzt für die Hälfte aller Kleinkinder Plätze an, in den alten Ländern dagegen fehlten Ende März noch mehr als 230000 Plätze.
Großer Bedarf in den Großstädten
Klamme Kassen, keine passenden Grundstücke für Neubauten und der notorische Mangel an Erziehern und Tagesmüttern: Unter diesen Voraussetzungen, warnt auch Volker Bästlein, der Sprecher des Städtetages, werde der Rechtsanspruch womöglich nicht überall zu erfüllen sein. Vor allem in großen Städten wie München oder Frankfurt, aber auch in Nürnberg oder Heidelberg ist der tatsächliche Bedarf deutlich größer als die bisherige Planung.
Ihre Verwaltungen rechnen damit, dass sie in Zukunft nicht nur 35 Prozent aller Kinder unter drei unterbringen müssen, sondern 50 Prozent und mehr. Damit könnten 2013 noch 150000 Plätze fehlen, schätzt Münchens OB Christian Ude, im Zweitberuf Präsident des Städtetages. „Das bedeutet, dass es 150000 Prozesse geben wird.“
Den Ländern noch einmal unter die Arme greifen will die Koalition dennoch nicht. Beim Krippengipfel hatte Ursula von der Leyen ein Drittel der auf zwölf Milliarden Euro veranschlagten Gesamtkosten übernommen, außerdem erhalten die Länder danach einen Betriebskostenzuschuss von 770 Millionen Euro im Jahr. „Damit hat der Bund seine Hausaufgaben gemacht“, sagt die familienpolitische Sprecherin der FDP, Miriam Gruß. „Jetzt sind die Länder in der Pflicht.“
Die Diskussion ist geschlossen.