Bayerns Minister feilschen um Milliarden-Summen
Bei den Haushaltsverhandlungen geht es um eine nie da gewesene Summe. Die Ressorts fordern acht Milliarden Euro mehr, als ihnen der Finanzminister gönnen will.
Der Staatsregierung steht das größte Milliarden-Tauziehen der Nachkriegsgeschichte bevor. Denn die zusätzlichen Anforderungen der Ministerien für den Staatshaushalt 2017 und 2018 summieren sich inzwischen auf zehn Milliarden Euro. Das berichtete Finanzminister Markus Söder (CSU) nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur im Kabinett. Das würde eine rasante Rekordsteigerung der Staatsausgaben um zwanzig Prozent bedeuten.
Dem Kabinett stehen somit anstrengende Verhandlungen bevor, bei denen Söder versuchen wird, die Kabinettskollegen wieder einigermaßen auf Linie zu bringen. Offiziell gilt nach wie vor das von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) verkündete Ziel, das Wachstum der Staatsausgaben auf drei Prozent zu beschränken. Da der Etat der Staatsregierung in diesem Jahr bei 55 Milliarden Euro liegt, würde die Drei-Prozent-Regel lediglich Mehrausgaben in Höhe von 1,6 bis 1,7 Milliarden Euro erlauben.
Zwischen dem offiziellem Haushaltsziel und den Geldforderungen der Ministerien klafft also eine riesige Lücke von über acht Milliarden Euro. Derart hohe Anmeldungen aus den Ressorts hat es noch nie gegeben. Die Differenz zwischen Ministerwünschen und Haushaltsziel ist heuer größer als die Gesamtsumme sämtlicher Budgetwünsche bei der letzten Haushaltsrunde 2014. Ursprünglich hatten die Häuser acht Milliarden Euro angemeldet, doch nach der Hochwasserkatastrophe sind daraus zehn Milliarden geworden.
Ab 4. Juli wird es dann nach Angaben aus Regierungskreisen bei den so genannten Chefgesprächen zur Sache gehen - Söder setzt sich mit jedem einzelnen Fachminister zusammen, um den Etat des jeweiligen Hauses festzulegen. Die Eckpunkte des Doppelhaushalts sollen dann Ende Juli bei der Kabinettsklausur in St. Quirin festgelegt werden.
Geld auf dem Sparkonto ist durchaus da - aber keine zehn Milliarden Euro. Bis Ende dieses Jahres soll die Rücklage der Staatsregierung dank sprudelnder Steuereinnahmen auf 3,7 Milliarden Euro anwachsen.
Doch wie bei jeder Haushaltsrunde haben die Ministerkollegen die dringenden Sparsamkeitsappelle des Finanzministers routinemäßig ignoriert. Keineswegs Routine ist allerdings die gewaltige Höhe der Mehrforderungen.
Ursache ist ein unausgesprochener Zielkonflikt innerhalb der Staatsregierung: Die Haushaltsabteilung im Finanzministerium will die Staatsregierung eigentlich zu strenger Disziplin verpflichten. "Es können weder neue Förderprogramme noch die Ausweitung bestehender Programme zugelassen werden", schrieb Söder vor Beginn der Haushaltsrunde an die Kollegen in einem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. "Es gilt der Grundsatz, dass keine zusätzlichen (Plan-)Stellen bzw. Personalmittel ausgebracht werden."
Doch andererseits fordert Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) von jedem Kabinettsmitglied zündende Ideen bis zum Ende der Wahlperiode im Herbst 2018. Falls einem Minister die Ideen fehlen sollten, könnte das mit dem Verlust des Postens verbunden sein. Denn Seehofer hatte im Frühjahr angekündigt, seine Ministerriege auf den "Prüfstand" stellen zu wollen. Der Druck aus der Chefetage hatte ganz offenbar die gewünschte Kreativität zur Folge.
Ungeachtet des Sparsamkeitsappells aus dem Hause Söder wurde Seehofer bei der jüngsten Kabinettssitzung so verstanden, dass die Drei-Prozent-Grenze nicht in Beton gemeißelt ist. Die Haushaltsziele hätten Gültigkeit, sagte Seehofer demnach - "aber wir müssen auch Schwerpunkte setzen". 2018 stehen wieder Landtagswahlen vor der Tür. Schon vor der letzten Landtagswahl 2013 gab es eine massive Ausgabensteigerung, weil Seehofer unbedingt die absolute CSU-Mehrheit zurückholen wollte. Carsten Hoefer, dpa
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