Die alles entscheidende Frage: Woher stammt das Kokain von Armin N.?
Woher stammt der Stoff, den Armin N. im Dienstschrank hatte? Der frühere Chef der Drogenfahndung verweist auf die Staatsanwaltschaft als Quelle. Beweise dafür gibt es jedoch nicht.
War es kaltschnäuziges Kalkül oder schlicht Sorglosigkeit? Der Stoff, der den früheren Chef der Allgäuer Drogenfahndung auf die Anklagebank des Landgerichts Kempten geführt hat, war ausgerechnet in der Höhle des Löwen gebunkert. In einem Schrank in seinem Dienstzimmer bewahrte Armin N. das Kokain auf, das er offenbar über Jahre privat konsumierte.
Fahnder stellten das Rauschgift nach der Festnahme am 15. Februar 2014 sicher. Es geht um exakt 1854,04 Gramm Kokain mit einem durchschnittlichen Wirkstoffgehalt von 23,5 Prozent und einem Straßenverkaufswert von etwa 150.000 Euro. Im Dienstschrank von Armin N. habe sich auch ein Koffer mit anderen Betäubungsmitteln befunden, erläuterte eine Ermittlungsrichterin. Dabei könnte es sich um einen „Drogenkoffer“ für Schulungszwecke handeln. Kurios: Selbst den Umzug der Kripo Kempten im Jahr 2007 machte der Dienstschrank mit.
Allgäuer Ex-Drogenfahnder wegen Drogenbesitz vor Gericht
Im Prozess muss sich der 53-Jährige auch wegen massiver Gewaltattacken und der Vergewaltigung seiner Ehefrau verantworten. Die zentrale Frage jedoch blieb am ersten Prozesstag ungeklärt: Woher genau stammt der Stoff? Aus einer früheren Beschlagnahme der Polizei? Aus kriminellem Milieu, wie kurz nach der Verhaftung von Armin N. spekuliert worden war? Eine Antwort auf diese Frage könnte die Richtung weisen, ob es weitere Unregelmäßigkeiten bei Polizei oder Staatsanwalt gegeben hat.
Die Ehefrau N.s hatte bei einer Vernehmung durch die Ermittlungsrichterin geschildert, ihr Mann habe das Kokain nach seinen Worten von der Asservatenstelle bekommen. Das sei wohl über zehn Jahre her. Armin N. soll „alle vier bis acht Wochen“ kleine Mengen Kokain nach Hause gebracht und dann mit ihr konsumiert haben. Dies habe einen „sexuellen Kick“ gegeben. Den Stoff habe er von einem größeren Brocken „heruntergeschabt“.
Der Kommissariatsleiter, der sich in allen Anklagepunkten geständig zeigte, macht nach wie vor nur grobe Angaben zur Herkunft der Drogen: „Sicher ist, dass mir das Kokain durch die Staatsanwaltschaft oder eine andere dienstliche Quelle zu dienstlichen Zwecken, insbesondere zu Schulungszwecken, überlassen wurde“, sagte der 53-jährige Beamte. Weitere Aussagen lehnte er ab. Zu Zeitpunkt und Umständen der Überlassung habe er aufgrund des damals „erheblichen Drogen-, Alkohol- und Medikamentenkonsums“ keine konkrete Erinnerung.
Stammt das Kokain des Ex-Drogenfahnders aus der Asservatenkammer?
Die zum fraglichen Zeitpunkt in der Asservatenkammer der Kemptener Staatsanwaltschaft beschäftigte Beamtin konnte sich bei ihrer Vernehmung nicht daran erinnern, jemals Kokain an den Angeklagten abgegeben zu haben.
Bei Fragen zum Rauschgift und dessen Herkunft sei es „wahnsinnig schwer gewesen, den Angeklagten festzunageln“, erklärte die Ermittlungsrichterin im Zeugenstand. Tatsache ist: Der Stoff stammt laut Gutachten nicht aus zwei früheren, größeren Kokain-Funden. Weitere Sicherstellungen dieser Größenordnung habe es im vermuteten Zeitraum im Allgäu nicht gegeben. Daher müsse das Alter des Kokains als „ungewiss“ gelten, heißt es.
Nach Angaben von Chemiker Klaus Stein vom Landeskriminalamt kann trocken verpacktes Kokain jahrelang aufbewahrt werden. In Europa erhältliches Kokain wird gestreckt – beispielsweise mit Milchpulver. So liege derzeit der Wirkstoffgehalt von Kokainmasse im Straßenverkauf bei rund 40 Prozent. Der Stoff von Armin N. war mit einem Kokaingehalt von 23,5 Prozent unterdurchschnittlich gut.
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