Euro-Hauskrach bei der CSU
Es kracht bei der CSU: Parteichef Seehofer und Europagruppenchef Ferber geraten in der Debatte über Euro-Volksabstimmungen massiv aneinander. Es geht auch um Persönliches.
Der Ton war an Schärfe fast nicht mehr zu überbieten. "Das bestimmt ganz gewiss nicht der Herr Ferber, wie der Kurs der Partei ist", giftete CSU-Chef Horst Seehofer am Mittwoch gegen den Vorsitzenden der eigenen Europagruppe, Markus Ferber. Der hatte es zuvor gewagt, Seehofers Vorstoß zu Volksabstimmungen über die Euro-Rettung zu kritisieren. Doch mittlerweile zeigt sich: Der Schwabe hat in der Sache nicht nur fast alle Europaparlamentarier hinter sich, sondern auch zahlreiche Parteikollegen aus München und Berlin. Zugleich regt sich Kritik an Ton und Vorgehen Seehofers.
Was war passiert? In der "Welt am Sonntag" hatte sich Seehofer dafür ausgesprochen, dass ab einer bestimmten Größenordnung von Bürgschaften für Euro-Schuldenstaaten das Volk befragt werden sollte. Davon distanzierte sich dann zunächst Ferber und mittlerweile - bis auf Martin Kastler - fast die komplette Europagruppe. "Währungsfragen haben - mit Verlaub - in Volksabstimmungen nichts zu suchen", argumentierte Ferber. Und in dem aktuellen Beschluss, dem am Donnerstag sieben der acht Europaparlamentarier zustimmten, werden Euro-Volksabstimmungen schlicht als "schwer realisierbar" bezeichnet.
Eskaliert ist der Streit möglicherweise, weil dabei ein sachlicher und ein persönlicher Konflikt zusammenkommen. Ein sachlicher Konflikt deshalb, weil Seehofer für seinen Vorstoß zu Euro-Volksabstimmungen keineswegs nur Zustimmung findet - im Gegenteil. Denn nicht nur die Europaabgeordneten, sondern auch führende CSU-Politiker in Berlin und München halten ganz offensichtlich herzlich wenig von Seehofers Idee.
Volksabstimmung über Euro-Rettung?
"Vor einer grundlegenden Änderung der EU-Verträge oder einer Übertragung wichtiger Zuständigkeiten von Mitgliedstaaten auf Europa ist eine Volksabstimmung vorstellbar", sagt die CSU-Landesgruppenchefin im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, der Tageszeitung "Die Welt" (Freitag) - eine Abstimmung in Sachen Euro-Rettung erwähnt sie nicht. Zudem sieht sie derzeit keinerlei Anlass für eine Volksabstimmung.
Und auch in der Landtagsfraktion in München wird argumentiert, dass man allein aufgrund der Verfassungslage keine Volksabstimmung über die Euro-Rettung machen könne. Zudem habe sich in derlei Fragen die repräsentative Demokratie bewährt. Man könne das Volk nicht über derlei komplexe Sachverhalte wie die Euro-Rettung abstimmen lassen. Ein Landtagsabgeordneter betont, das Thema sei "viel zu emotionsgeladen". Es gehe aber um nichts weniger, als den Euro stabil zu halten. In der Sache sei Seehofers Vorstoß deshalb schädlich.
Dem widerspricht der CSU-Europaabgeordnete Kastler. "Seehofer hat Recht", sagt er. Man dürfe dem Bürger nicht die Kompetenz absprechen, sich auch zu solch großen Fragen wie der Euro-Rettung zu äußern.
Was aber Kastler und auch andere CSU-Politiker beklagen, ist die Art und Weise, wie der Streit inzwischen geführt wird - also zwischen Seehofer und Ferber. "Es ist überaus schade, dass wir jetzt solche persönlichen Debatten führen", sagt Kastler - und betont, dass Ferber als Gruppenvorsitzender eine gute Arbeit mache. Er stehe voll hinter Ferber und sei lediglich in der aktuellen Sachfrage anderer Meinung.
Seehofer und Ferber können nicht miteinander
Dass Seehofer und Ferber nicht miteinander können, ist in der CSU kein Geheimnis. Inzwischen aber berichtet ein CSU-Abgeordneter, dass Seehofer intern schon damit gedroht habe, Ferber 2014 nicht mehr als Spitzenkandidaten aufzustellen. Das aber geht vielen zu weit. "Dass das solche Formen annimmt, ist unverhältnismäßig", schimpft einer. "Das belastet die Atmosphäre in der CSU." Es drohe ein "ernster Konflikt".
Zudem wird beklagt, dass Seehofer eine Mitmachpartei propagiere, das dann aber nicht praktiziere. "Es kann aber nicht sein, dass jemand abgestraft wird, nur weil er seine Meinung sagt", sagt einer aus dem CSU-Vorstand. Zudem sei Ferber als Europapolitiker anerkannt - und mutig. "Die meisten scheuen solche Konflikte." Schon wird darauf verwiesen, dass Ferber und Manfred Weber - von Seehofer ebenfalls nicht immer wohlgelitten - starke Bezirksverbände hinter sich hätten.
Ferber betont derweil am Donnerstag: "Mir geht es hier nicht um irgendetwas Persönliches." Er habe nur die Frage gestellt, ob die Euro-Rettung ein geeignetes Thema für eine Volksabstimmung sei. Er wolle einen konstruktiv-kritischen Kurs fahren. Das sei der richtige Ansatz, um einerseits europäische Politik zu gestalten und zugleich bayerische Interessen erfolgreich in Brüssel zu vertreten, betont er. AZ/dpa-lby
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